Das Tal der wilden Endert

Wo gibt es das schon in der Eifel: 19 Kilometer immer bergab. Der bekannte Endert-Wanderweg von Ulmen nach Cochem – „Wanderweg des Jahres 2019“ – bietet entlang des Bachlaufs das seltene Vergnügen. Wie immer gilt in Corona-Zeiten: Unterwegs Abstand halten und ansonsten viel Vergnügen!

Dass Ulmen „zwei Maare hat“, ist natürlich falsch. Doch Ortsunkundige glauben gerne, dass der in den 1930er Jahren aufgestaute flache Jungfernweiherin einer Feuchtwiesensenke, den man von der A48 und bei der Zufahrt ins Ortszentrum sehen kann, vulkanischen Ursprungs ist. Tatsächlich aber ist das – etwas größer als ein Dorfteich – Ulmener Maar erst beim Einstieg in diesen rund fünfstündigen Weg zu entdecken. Idyllisch von Wald auf der der kleinen Ulmener Altstadt gegenüberliegenden Seite umschlossen, geht es eine kurze Strecke am Ufer entlang, dann hinauf zu den Resten der Ulmener Burg.

Das Ulmener Maar

Bevor man nun dem „Endertweg“ (eigenes Logo) durch ein Neubaugebiet hinauf in Richtung Wald folgt, sollte klar sein: Dieser Weg ist eine „Einbahnstraße“. Zurück zum Postplatz in Ulmens Ortsmitte geht es ab dem Ziel Endertplatz in Cochem mit dem Bus (die 500er Linie). Der bekannte „Wanderer-Bus“ (er fährt auch Daun und Gerolstein an) – hat werktags einen Stundentakt (Infos auf vrt-info.de und bahn.de).

Gnadenskulptur am Wegesrand.

Vor Eintritt in den Wald hat man noch einen schönen offenen Blick bergabwärts über die Wiesen. Solche Weitblicke wird es in den nächsten Stunden nicht mehr geben. An einer überdachten Kreuzigungsstation brennen Bittkerzen, Kinder haben in einem kleinen Korb bunt bemalte Steine „Zum Mitnehmen“ ausgelegt –  Glücksbringer für den Weg.

Erst noch fast ein Rinnsaal schwillt die Endert über die Zuflüsse schnell an.

Die Endert ist fast unbemerkt bald schon „Wegbegleiter“: Hier noch ein unscheinbares, sanft plätscherndes Rinnsaal, doch der Bach schwillt über die Zuflüsse schnell an und wird kräftiger.

Die Endert im oberen Teil.

Der Uferweg teilt sich nun in drei Teile: Über einen breiten Waldwirtschaftsweg geht es bis zur Abzweigung zur Wallfahrtskirche Maria Martental, dann wird der Weg bald pfadiger, und schließlich in Höhe der Bachmühlen auch schluchtig.

Bis zur Abzweigung eines Pfads hoch zur Wallfahrtskirche ist aus dem Bächlein schon ein veritabler Waldbach geworden. Kiesbänke und angeschwemmtes Holz im Bachbett nehmen zu, durch das Laub der Bäume flackert das Sonnenlicht, die Reflexe im Wasser spiegeln es. Eine heitere, leichte Stimmung in kühler, erfrischender Waldluft.

Maria Martental ist seit langer Zeit eine in der Eifel bekannte Wallfahrtsdresse. So ist der Endertweg auch Pilgerweg, wie unter anderem eine in einer Felsnische am Wegesrand fast versteckte kleine Christusskulptur samt Votivtafel zeigt. Jetzt führen die Stationen eines alten Kreuzweges hoch zur Kirche. Ein komplett versiegeltes rundes Areal mit Betonstufen vor der Kirche und der – offenbar nur zur Pilgersaison geöffneten – Klostergaststätte tut sich auf. Man rechnet hier offenbar mit hunderten Pilgern, darauf lassen die Dimensionen auch in der an den alten Originalbau erweiterten Kirche mit der gotischen Pieta schließen.

Zurück geht es wieder über Zuweg des Pfades und natürlich auch jetzt wieder über den „Rausch“, den sieben Meter hohen Wasserfall. Aus der Endert ist an dieser Stelle ein Mini-Gebirgsbach geworden, der sogar ein kleines Tosbecken hat.

Der Rausch.

Ab hier wird der Weg zunehmend wild romantisch. Nach Querung der L100 geht es auf einen schmalen Pfad am rechten Bachufer abwärts, die Endert hat hier stellenweise nur wenige Meter Platz, über Baumwurzeln, Fels, auch mal einen knappen Absatz am Hang führt der Pfad, nach jeder  Kurve ändert sich die Perspektive. Eine erste Ruine einer der einst 30 Mühlen im mittleren und unteren Bachlauf taucht auf. Browelsmühle und Göbelsmühle sind noch bewohnt und gut erhalten. Die Göbelsmühle ist – in normalen Zeiten – über die Sommermonate auch eine beliebte Ausflugsadresse. Im Innern des Lokals bildet die nackte Felswand die Stirnseite des Gastraumes.

Passagenweise wird der Weg nun beinahe schluchtig.

Die Endert schlängelt sich nun passagenweise schluchtig durch Engpässe an den Mühlen vorbei, der Pfad des Weges wird entsprechend knapp. Schmale Zuwege führen an den Ufern aus dem Tal hinaus, es sind die ehemaligen Pfade mit denen die Bauern aus der Umgebung auf Eseln und Pferden ihr Korn zu den Mühlen an der Endert brachten. Mit den Schrotsäcken ging es so auch wieder zurück.

Der Endertweg wird zum Pfad.

Weiter bachabwärts taucht man auf dem Pfad am Bachufer hinter einer der nächsten Kurven unvermittelt in eine Wunderwelt ein: Offenbar hat ein Privatmann ein ganzes Gebäudeensemble aus altem Mühlengebäude, Stall, Scheune und sogar einer kleinen Kapelle gekauft und restauriert. Mehr Idylle geht an der Endert nicht.

Nach rund viereinhalb Stunden ist das Vergnügen mit Erreichen des Hotels „Weißmühle“ zunächst beendet. Nun geht es erst über die Straße Richtung Cochem, mit Erreichen der ersten Häuser aber rechts eine Straße bergauf und vor der nächsten Rechtskurve links in den Wald. Es folgt eine schöne Hangpassage mit gemaserten Schiefersplittern am Wegrand, unterhalb haben die Ausläufer Cochems im  Enderttal begonnen.

Die Markierungen auf dieser Strecke Richtung Stadtmitte sind stellenwiese nicht die besten, mal folgt der Weg der Markierung des Moselsteigs, mal dem örtlichen Wanderweg „Seitensprung“. Nach rund 15 Minuten besteht die erste Option nach links über Serpentinen und Stufen in die Stadt hinunter abzubiegen. Man kann aber auch dem Weg weiter folgen und eine spätere Option oberhalb der Altstadt suchen.

Am Moselufer in Cochem mit der Reichsburg im Hintergrund.

Unmittelbar vor Erreichen des Moselufers liegt der Busbahnhof am Endertplatz an der Kreisverwaltung. Wer jetzt Zeit und Muße hat, kann auf einer Bank am Moselufer entspannt auf den Fluss und die Burg Cochem blicken. Dass das Gemäuer nicht mehr original, sondern im 19. Jahrhundert wiederaufgebaut wurde, interessiert die vielen US-amerikanischen Touristen, die hier normalerweise anzutreffen sind, wenig. Die finden das alles wie im Disneyland, nur echter – einfach „nice“!

Titelbild: Unterwegs auf dem Endertweg