Dass die Eifel eine traditionell katholische Gegend ist, sieht man nicht nur an den vielen Kirchen in den Dörfern, kleinen und mittelgroßen Städten. Auch abseits der Besiedlungen, unterwegs auf den vielen Wanderwegen in der Region, stößt man immer wieder auf Kapellchen, Heiligenhäuschen oder Votivkapellen. Auf dieser Route, die auf einem „Traumpfad“ bei Naunheim im Maifeld beginnt und auf dem „Neuer-Burg-Weg“ in der Südeifel endet, ist das nicht anders.
Ehrenamtliche, wer sonst hatten ein Herz für „Allebrauns Heiligenhäuschen“. So heißt das kleine Kapellchen unmittelbar am „Pyrmonter Felsensteig“, Deutschlands „schönstem Wanderweg 2015“, einer der wunderbaren „Traumpfade“ zwischen Koblenz, Mayen und Andernach.
Doch wie sah das ursprünglich 1856 von der Naunheimer Franziskanerin Salome Braun gebaute kleine Gotteshaus, das heute auf dem Grundstück einer großen Erbengemeinschaft steht, in der jüngeren Vergangenheit aus: Es wirkte heruntergekommen, Graffiti verschmiert die Wände. Vom alten Kreuzweg, der zum Heiligenhäuschen führte, waren nur noch zugewachsene Bruchsteinsockel übriggeblieben.

2021 und 2022 nahmen sich Handwerker, Garten- und Landschaftsbauer und Landwirte aus Naunheim und der Umgebung der Sache ehrenamtlich an. Dabei sei die Sanierung des Dachstuhls die komplizierteste Arbeit gewesen, so Mitinitiator Karl-Heinz Fink. Jetzt ist alles saniert, der alte Kreuzweg ist wiederhergestellt, die Wege gesäubert und Rasen eingesät.
Weitere bemerkenswerte eher kleinere Gottesbauten in der Osteifel wären etwa die wegen ihres rotgelben Lichts berühmte Schwanenkirche bei Roos, oder die von Pilgern aus weiten Teilen der Eifel besuchte St. Jodokus-Wallfahrtskirche im Wiesental bei Langenfeld, ebenfalls an einem bekannten Wanderweg.
Oberhalb von Mechernich-Wachendorf in der Nordeifel steht eine der bekanntesten und untypischsten Kapellen der Eifel.
Nun zu einigen Stationen in der Nord- und der Vulkaneifel, Sprünge von Rheinland-Pfalz nach Nordrhein-Westfalen und zurück inklusive. Eine der bekanntesten Kapellen – und eine der untypischsten zudem – steht oberhalb von Mechernich-Wachendorf am Feldrand. Die dem hl. Nikolaus von Flüe geweihte Bruder Klaus-Kapelle ist ein äußerlich aus grobem Stampfbeton gebauter schroffer Monolith. Wer den kurzen Fußmarsch zur Riesenstele geschafft hat, hat von hier aus einen weiten Blick bis ins Siebengebirge.


Die Kapelle wurde von 2005 bis2007 nach den Plänen des Schweizer Architekten Peter Zumthor erbaut. Bauherrin ist die tief gläubige Landwirtsfamilie Trudel und Hermann-Josef Scheidtweiler, die „aus Dankbarkeit für ein langes und erfülltes Leben“ das Gotteshaus stiftete.
Innen drin ist der so hermetisch wirkende Bau zum Zeltbau verwandelt. 112 Fichtenstämme brannten hier 2006 für drei Wochen in einem Mottfeuer. Die Baumstämme trockneten an und ließen sich vom Beton ablösen. So entstand eine zeltartige Höhle, die Wände zeigen deutlich die Struktur des Holzes. Der ansonsten puristische Raum ist nach oben offen. Er lässt in den Himmel blicken aber auch Licht und Regen in den ansonsten dunklen Raum fallen. Die Bruder Klaus-Kapelle ist zum Pilgerziel für Architekturstudenten geworden, was in der Eifel nicht allzu häufig passiert.
Weiter geht es in die Vulkaneifel oberhalb von Zilsdorf. Hier steht zum einen mitten im Feld ein Heiligenhäuschen von 1664, das wie viele in der Eifel dem hl. Antonius geweiht ist. In Richtung des begehbaren Kraters des Arensberges, der auch Arnulphusberg genannt wird, taucht im Wald auf halber Strecke eine „Bet- und Schutzkapelle“ mit einem rund 350 Jahre alten Prozessionskreuz auf. Unweit stand einst die Arnulphuskirche, geistliches Zentrum eines kleinen Kirchensprengels mit den Orten Walsdorf, Zilsdorf, Stroheich, Orendorf und Loogh. Nach der Zerstörung der Kirche wurde die heutige Kapelle als Erinnerung vom Ski- und Wanderverein Walsdorf 1988 errichtet.
Für die Kapelle in Loogh wechselte jährlich die Zuständigkeit.
Im erwähnten kleinen Weiler Loogh, wenige Kilometer entfernt, ist die sogenannte „Nothelferkapelle“ ein kirchen- und verwaltungsrechtliches Kuriosum. Direkt angrenzend sind zwei alte Hofstätten, die „Keilenhäuser“, die seit 1218 zum Kloster Niederehe gehörten. Doch das danebenstehende „Jungfernhöfchen“ war bis 1805 Besitz der Abtei Steinfeld. Zwischen 1758 und 1794 wechselte die Herrschaft über Loogh jährlich zwischen Abtei und Kloster. Die „Nothelferkapelle“, die 1763 von Prior Wachendorf aus Niederehe erbaut wurde, wechselte in ihrer Zugehörigkeit mit.
Bei der Innenausstattung fallen 14 figürliche Darstellungen der „Nothelfer“ auf, die Kapelle selbst ist wie das Votivhäuschen unterhalb des Berges dem als Feld- und Viehschutzheiligen Antonius von Padua geweiht, der in traditioneller Volksfrömmigkeit auch zum Wiederfinden verlorener Sachen angerufen wird.

Das gilt auch für die barocke Antoniuskapelle zwischen Dollendorf und Schlosstal, ein stilechter Rundbau rund 15 Kilometer Luftlinie entfernt schon in Nordrhein-Westfalen. 1701 ließ Graf Maximilian Philipp das Gotteshaus in der Mitte der ebenfalls noch erhaltenen barocken Fußfallkreuze zwischen der Pfarrkirche von Dollendorf und seinem Herrschaftssitz in Schlosstal errichten. Die aufragenden Reste eines Wehrturms haben der Ruine den Spitznamen „Finger Gottes“ gegeben.
1702 geschah dann Ungewöhnliches. Papst Clemens XI verlieh allen, die das Gotteshaus am Patronatsfest des hl. Antonius zum „Gebet nach eigener Meinung“ besuchten den „vollkommenen Ablass“. Mutmaßlich begründete das seit dem 18. Jahrhundert eine jährliche Prozession zur Kapelle.

Ebenfalls nahe der Landesgrenze zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist ein Kapellchen mit vergleichsweise bescheidenerer Geschichte zu finden. Die Schutzengelkapelle auf dem Mühlenberg oberhalb von Ahrhütte wurde 1839 errichtet. Sie war doch sehr in die Jahre gekommen, so Herbert Daniels, Ortsvorsteher und Vorstandsmitglied im Sankt Antoniusverein e.V. Ahrhütte zur Begründung für seine Rundschreiben, die er deshalb vor vier Jahren an die Einwohner in Ahrhütte verteilte. Darin bat er um Unterstützung für die dringend nötige Restaurierung.

Was dann passierte, ist für einen Ort mit rund 250 Einwohnern bemerkenswert: 4500 Euro an Spenden kamen aus der Bevölkerung zusammen, dazu steuerte die NRW-Stiftung 2500 Euro bei. Wieder einmal zeigte sich, dass den Eifelern und Eifelerinnen der Erhalt der Baudenkmäler ihrer Heimat einiges wert ist.
Das „Schutzengelkapellchen“ erinnert an ein schweres Hochwasser der Ahr – 1839.
Zu tun gab es jedenfalls genug: Ein neues Törchen aus Metall musste hergestellt werden, Innen und Außen war ein Neuanstrich fällig, das Dach mit Schieferdeckung und Holzunterkonstruktion musste neu gedeckt werden. Schließlich fand sich eine Restauratorin, die schadhafte Stellen der Farbfassung der kleinen Schutzengelfigur mit Kind aus Gips sorgfältig ausbesserte. Eine Druckerei wurde für ein erklärendes Geschichtstäfelchen an der Fassade beauftragt. Doch wer hatte einst das Kapellchen erbaut und warum? Klar ist, dass die Kapelle durch die alteingesessene Familie Sons aus Ahrhütte, Vorfahren betrieben die „Sonsmühle“, erbaut worden ist. Unstrittig auch, dass schon bald nach 1839, dem Jahr der Erbauung, Familien aus Dollendorf, Schlosstal und Ahrhütte am ersten Sonntag im September zum Kapellchen pilgerten um Schutz und Segen zu erflehen.
Eine Version besagt nun, dass zwei Familienmitglieder der Familie Sons Soldaten waren und die Eltern mit der gestifteten Kapelle eine glückliche Heimkehr erflehten. Die zweite Legende aber bekam 2021 eine bestürzende Aktualität.

Demnach sei es 1839 durch einen lang andauernden Regen an der Oberahr zu großen Überschwemmungen gekommen. Im Hochwasser ertranken zwei Kinder des Ludwig Sons, dem Ururgroßvater des letzten Müllers Josef Sons. Damit sich ein solches Unglück nicht wiederhole, sei die Kapelle erbaut worden.
Solche sehr persönlichen Gründe erklären immer wieder den Bau von Votivkapellen oder Heiligenhäuschen. Auch „Webers Kapellchen“ an der Kreisstraße zwischen Oberbettingen und Lissendorf im Kylltal. Landwirt Karl Weber ließ es 2011 nach überstandener schwerer Krankheit als Erfüllung eines Gelübdes errichten.

Ähnliches galt gegen Ende des Zweiten Weltkriegs für die Bevölkerung von Steffeln. Über eine gewundene kleine asphaltierte Straße geht es vom Ortseingang durch Felder hinauf zur Marienkapelle „Auf Wahlhausen“. Am 2. Juli 1944 nahm der charismatische damalige Pfarrer Brühl den Steffelern das Gelübde ab, wenn ihr Ort den Weltkrieg unversehrt überstehen würde, eine Kapelle oberhalb der heute verschwundenen mittelalterlichen Siedlung Wahlhausen zu errichten.
Bis 2021 war in den Sommermonaten die kleine Eremitenwohnung an der Schankweiler Klause noch von einem Geistlichen zur Betreuung der Pilger besetzt.
Am Ende hatte Steffeln zwei Tote aufgrund von Granateinschlägen zu betrauern. Doch der Ort blieb ansonsten verschont. Die gesamte Bevölkerung packte mit an, um die Dankeskapelle zu errichten. An einem spektakulären Platz: 40 Kilometer weit geht der Rundblick über die Region, der Ort liegt auch auf der Route des „Vulkanweges“ zwischen Jünkerath und Gerolstein.
Auf den Tag genau drei Jahre nach dem Gelübde wurde die Kapelle 1947 eingeweiht. „Das Gedenken wird hier bis heute lebendig gehalten“, so Werner Grasediek, der die Geschichte des kleinen Gotteshauses mit der Schutzmantelmadonna von Alfons Biermann aus hellem Maria Laacher Tuffstein kennt. Die Madonna besiegt den Drachen. Er trägt eine SA-Kappe und einen SA-Ehrendolch. Bis heute wird die Kapelle zum Gebet und stillen Dank aufgesucht, an die 80 Votivtafeln hängen an den Wänden: „Maria hat geholfen!“ Den Blumenschmuck von Kapelle und der St. Michael-Pfarrkirche unten im Ort spenden seit Jahren elf Steffelerinnen.
Nun ein größerer „Sprung“ aus der Westeifel in den Süden. Nicht nur die Schankweiler Klause auf dem Ferschweiler Plateau nahe des deutsch-luxemburgischen Grenzflusses Sauer ist ja einen Besuch wert. Hier hat es bis 2021 in den Sommermonaten in der angebauten kleinen Eremitenwohung sogar noch einen Geistlichen zur Betreuung der vielen Wallfahrer gegeben. Einmal im Jahr findet auf einer eigens markierten traditionellen Route eine Prozession vom Ort Schankweiler hoch zur Klause statt.
Sogar ein kleiner Rosengarten wie in einem Kloster wurde am kleinen Gotteshaus in Burscheid angelegt.
Ebenfalls streng genommen eine Privatkapelle ist das kleine Gotteshaus von Burscheid, dem mit rund 25 Einwohnern – fast – „kleinsten Dorf der Eifel“, wie es heißt. Über den DeLux-Premiumwanderweg „Wallfährte Weidingen“ gelangt man zum Weiler auf der Höhe, der zur Verbandsgemeinde Südeifel gehört. Angeblich hat hier schon im 16. Jahrhundert eine Kapelle gestanden, doch sie verfiel. Ende des 20. Jahrhunderts beschloss der Grundstücksbesitzer den Neubau im Stil der alten Eifeler Kirchen: Rundbogenfenster mit Sandsteinrahmung und Abschlagkante im romanischen Stil, Kalkverputz, eine klare und einfache Einrichtung.



Die kleine Kapelle im „kleinsten Dorf der Eifel“, in Burscheid bei Weidingen in der Südeifel. Das Innere der Kapelle von Burscheid: Einfach, klar strukturiert, auch das ist typisch für kleine Gotteshäuser in der Region.
Vor dem Kirchlein wurde sogar ein kleiner Rosengarten nach klösterlichem Vorbild angepflanzt: Mit Buchs-Einfassung und Buchenhecke in Kreuzform, dazu ein Mittelrondell. Fertig ist ein kleiner Wandelgarten.
Zum guten Schluss nach Neuerburg, Sitzgemeinde der Verbandsgemeinde Südeifel. Hier wäre die 1720 fertig gestellte barocke Kreuzkapelle im Wald ein Ziel, die bis ins 18. Jahrhundert eine Einsiedelei war.

Oder das „Schwarzbildchen“. Dessen Entstehungssage geht so: Ritter Kuno von Falkenstein musste Mitte des 15. Jahrhunderts vor den Rittern des Grafen von Vianden fliehen. Er flüchtete, da ihm der Weg zur heimischen Burg versperrt war, in Richtung Neuerburg. Kurz vor Erreichen des rettenden Ziels aber brach sein Pferd vor Erschöpfung zusammen. In seiner Not sendete Ritter Kuno ein Stoßgebet gen Himmel – und die Muttergottes soll ihm daraufhin ein Schlupfloch im Innern eines hohlen Baums gezeigt haben.
An der Stelle soll der dankbare Ritter Kuno ein geschnitztes Muttergottesbild aufgestellt haben. Es ist über die Jahrhunderte vom Ruß der Kerzen schwarz geworden, zum „Schwarzbildchen“. 1763 ist das erstmals schriftlich erwähnt. Bis heute ist das „Schwarzbildchen“ Ziel von Pilgern, die hier göttlichen Beistand erflehen. Und natürlich kommt man auch zu diesem mit Votivtafeln an den Wänden gefüllten Heiligenhäuschen über einen Wanderweg. Wandern und Kapellchen – das gehört in der Eifel, dem Kapellchenland, eben einfach zusammen.
Titelbild: Die Antoniuskapelle oberhalb von Zilsdorf