Zwischen „Maus“ und „Katz“

Rheinsteig: Steigungen, Felsenwege, traumhafte Rheinblicke und drei berühmte Burgen. Diese knapp 20 Kilometer lange Etappe von Kamp-Bornhofen nach St. Goarshausen führt in den Kernbereich des Oberen Mittelrheintals.

„Ab Kestert wird es haarig!“ Renate und Heinz aus Düsseldorf, Wegbegleiter auf einer der bisherigen Etappen, sollten Recht behalten, doch nicht erst ab Kestert. Schon der Start in Kamp-Bornhofen hoch zur Burg Liebenstein ist eher alpin über enge Serpentinen mit vielen Wurzeln und auch Geröll. Dann wird es entspannend. Auf den Wiesen oberhalb von Lykershausen äsen noch Rehe am frühen Morgen. Der Ort wirkt friedlich und still.

Am unteren Dorfrand macht wenige Meter weiter ein Gedenkkreuz stutzig. Jakob Güllering aus Lykershausen habe es kurz nach dem Zweiten Weltkrieg aus Dankbarkeit für die Heimkehr von den Kämpfen um Stalingrad errichtet, heißt es auf einer Tafel. Ein Foto zeigt Güllering (1912-1993) am Hochzeitstag mit seiner Ehefrau Margarethe. Das Kreuz steht genau an dem Punkt, an dem der Bauer bei der Kriegsheimkehr zum ersten Mal seinen Hof sehen konnte.

Hindenburgblick rheinabwärts mit Bad Salzig auf der linken Rheinseite.

Das ist schon der zweite Erinnerungsort an diesem Morgen. Kurz zuvor, noch im Wald oberhalb von Salzig, ist vor einer Bank in ein Basaltkreuz eingeschlagen: „Hier wurde im Jahr 1754 der Landarbeiter Bartholomäus Sauerborn erschlagen und beraubt. Friede seiner Seele“.

In Lykershausen hat man immerhin eine Höhe von 350 Metern erreicht und ist weit entfernt von den Biegungen des Rheintals. Doch jetzt geht es wieder Richtung der steil abfallenden Felsen über dem Ufer und den wie geduckt davor auf schmalem Streifen liegenden Rheindörfern.

Blick auf Wellmich und Burg Maus.

Diese Perspektiven hat man in der Folge von einer ganzen Reihe bemerkenswerter Ausblickpunkte. Die „Hindenburghütte“, der „Rheinburgenblick“ nach hartem Aufstieg von Kestert, lohnen kurze Abstecher. Wer will kann wenig später die Pulsbachklamm bergab zum Rheinufer durchsteigen, muss dann aber auch wieder hinauf auf die halbe Höhe.

Oberhalb von Wellmich, Blick rheinabwärts.

Auf jeden Fall geht es wenig später steil hinab nach Wellmich. Jenseits des Dorfes thront die Deuernburg auf einem Felssporn. Das Festungswerk wurde im 14. Jahrhundert vom Trierer Erzbischof errichtet. Direkt gegen die wichtigste Doppelburg der Grafen von Katzenelbogen auf der rechten und der linken Rheinseite rheinaufwärts am heutigen Etappenziel St. Goarshausen, beziehungsweise St. Goar. Burg Katzenelbogen hieß im Volksmund bald Burg „Katz“, die Deuernburg folgerichtig Burg „Maus“.

Zur „Maus“ hinauf ist es gut 20 Minuten ein steiler Asphaltweg bis zur wuchtigen Burgpforte. Wer sich als Wanderer oder Spaziergänger hier hinauf getraut hat, kann sich auch gleich trauen lassen: Burg „Maus“ ist offizielles Standesamt.

Abstieg nach St. Goarshausen.

Deutlich oberhalb der Turmspitze geht der Rheinsteig weiter und auf eine Felsenklippe. Nichts für Menschen mit Höhenangst, dabei lohnt der Ausblick dann alle Mühen. In der Ferne, auf der gegenüberliegenden Seite kann man schon die Gemäuer von Schloss Rheinfels sehen, die heute größte Burgruine im Mittelrheintal, erbaut von Graf Dieter von Katzenelbogen um 1245. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Burg um massive Festungswerke erweitert.

Gegenüber, noch nicht zu sehen, liegt Burg „Katz“, wesentlich kleiner. Beide Burgen bildeten so die perfekte Rheinsperre. Weitreichende große „Büchsen“ waren zur Rheinseite ausgerichtet.

Rheinpromenade in St. Goarshausen mit Burg Katz und Loreley Open-Air Gelände im Hintergrund.

Ein letzter steiler Trampelpfad durch alte Weinberge führt schließlich hinunter nach St. Goarshausen. Unten auf der Rheinpromenade ist das nächste Etappenziel schon allgegenwärtig: die Loreley. In einen Holzstamm am Ende der Hafenmole haben Arne Wilhelm und Thomas Martin 2004 die „Loreley-Sage“ als Holzskulptur dargestellt. Die scharfe Biegung des Flusses um den Namen gebenden Schieferfelsen ist von hier aus schon zu erahnen.

Titelbild: Burg Maus mit Blick rheinabwärts.