Der „Vulkanpfad“ zwischen Jünkerath und Gerolstein ist eher eine leichte Route. Anstrengend wird die abwechslungsreiche Strecke durch ihre Länge: Je nach gewählter Variante sind es bis zu 31 Kilometer.
Die 2019 gebildete Verbandsgemeinde Gerolstein ist auch touristisch eine Fusion aus vorher unabhängigen Teilen: Die Feriengebiete Obere Kyll, Hillesheimer Land – „Das Herz der Mord-Eifel“ und Gerolsteiner Land wurden zur „Ferienregion Gerolsteiner Land“ vereint, die sich im Wesentlichen entlang des Kylltals erstreckt. Doch es gibt genügend Wander- oder Radwandermöglichkeiten abseits dieser Hauptstrecke, die zugleich auch die des „Eifel-Express“ Köln-Trier und eben das Tal des Eifelflüsschens ist.
In diesem Fall ist es der „Vulkanpfad“ unter den „Vulkaneifel-Pfaden“. Er beginnt schon in Esch an der Landesgrenze zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, doch dort gibt es das Problem des Rückweges, denn an diesem Startpunkt ist kein Bahnhof. Im fünf Kilometer entfernten Jünkerath aber schon. Und auch am Ziel in Gerolstein, das zwischen 31 und rund 24 Kilometer Wanderweg von Jünkerath entfernt ist.
Die schwankenden Entfernungsangaben sind bedauerlich. Schon am Startpunkt in Jünkerath passen sie nicht zu den angegebenen Kilometren etwa auf Wanderportalen wie outdooractive. Unterwegs fehlt dann immer mal wieder jede Wegemarkierung, mal wird sie durch einen kreuzenden anderen Wanderweg ersetzt, mal folgt man am besten einem dritten – etwa dem Hautwanderweg „Felsenweg“ des Eifelvereins. Und ab und an muss man sich schlicht auf sein „Bauchgefühl“ verlassen können. Dafür ist die Strecke ab Roth, das letzte Viertel der Route, identisch mit der des „Eifelsteigs“ und folglich fast schon übermarkiert.



Von links nach rechts: Schild am Kloster Don Bosco, „7-Wege-Kreuzung“ im Wald oberhalb von Lissendorf, Blick vom Steinbüchel über Schüller zur Hohen Acht.
Egal: Wandern ist auf der Strecke – und die ist abwechslungsreich genug. Gleich oberhalb des Jünkerather Bahnhofs wird auf dieser Strecke einmal die Kyll überquert, aus dem Ort geht es dann hinauf fast bis zum „Kloster Don Bosco“ mit dem anschließenden „Gedächtniswald“ von Jünkerath. Dieser Anstieg ist auch schon fast der Einzige der ganzen Strecke, die im Wesentlichen auf einem Höhenniveau zwischen 450 und 550 Metern durch wellige Wiesen, Wälder und über Hochebenen führt. Hinunter ins Bachtal geht es erst wieder ganz zum Schluss.
Laubmischwald, geringere Passagen reiner Fichtenbestände sind ein Kennzeichen der ersten Kilometer durch den Jünkerather Forst, am Wegestern „7 Wege“ oberhalb von Lissendorf vorbei und durch den Wald oberhalb von Steffeln. In der zweiten Maiwoche, genauer an Christi Himmelfahrt, ist das eine einzige frühlingsfrisch-grüne Wonne. Unterwegs immer wieder kleinere Gruppen junger und mittelalter Männer: Die „Vatertagswanderer“ aus den nahen Dörfern, den Bollerwagen mit „Getränken“ im Schlepptau. Dieses Brauchtum lassen sie sich auch durch die Corona-Pandemie nicht nehmen.
Der fast 600 Meter hohe Steinbüchel, noch etwas oberhalb von Schüller „aufm Berch“ ist schon der topgraphische Gipfel der Tour, der hier am „Eifel-Blick“ wunderbare Aussichten eröffnet, etwa zum Aremberg und der Hohen Acht.

Doch es kommt noch besser. Etwas später, vom Aussichtspunkt an der Kapelle Wahlhausen oberhalb von Steffeln, gibt es einen 360-Grad-Rundumblick in die Vulkaneifel und angrenzende Regionen. Das kleine Gotteshaus wurde von der Steffelner Bevölkerung aus Dankbarkeit, dass ihr Ort im Zweiten Weltkrieg verschont wurde errichtet.
Steffeln ist eines der Eifeldörfer, in denen der Zusammenhalt offenbar immer noch gut funktioniert. Man erkennt es an den Details. Die Grundstücke wirken gepflegt, die Gassen geputzt. Zwischen den Resten des ehemaligen Vulkans „Steffelberg“ und der St.Michael Pfarrkirche gibt es einen historischen Ortsspazierweg. So wird das „Prozessionskreuz“ unterhalb des barocken Pfarrhauses erläutert. Man erkennt es auch an einem weiteren Rundweg durch die umgebenden Wälder und Flure, wo Gedenksteine und Kreuze erklärt werden. Und schließlich am „Hausnamen-Projekt“.
Vergleichbare Initiativen gibt es in vielen Eifelorten: Ortshistoriker oder an der Geschichte ihres Dorfes und seinen Bräuchen Interessierte machen sich die Mühe und recherchieren die meist nur mündlich überlieferten, vielleicht noch in alten Archivalien hinterlegten „Hausnamen“, die in der Regel nur im Ortdialekt erhalten sind. Einst wurden die Hausbewohner nicht nach ihrem Familiennamen, sondern nach dem Namen des Erbauers oder Erstbesitzers des Wohngebäudes oder der Gemarkung benannt. Es kann auch ein Ruf- oder Spitzname gewesen sein. Gelegentlich diente die Funktion des Hauses zur Benennung. Die Alte Dorfschule, die Schull, wurde so zum Beispiel zum Hausnamen, auch wenn es dort schon lange keine Lehranstalt mehr gab.

Dass es an Steffelns Waldstraße – hier führt der „Vulkanpfad“ aus dem Dorf hinaus und hoch zum „Vulkangarten Steffelberg“ – wiederum einen „Glücksgarten“ gibt, wundert da kaum noch. Auf einer Schiefertafel ist etwa ein „Glücks-Rezept“ aufgeschrieben, es gibt weitere so geschriebene oder aus Steinen und anderem mehr gebaute Stimmungsaufheller. Ein buntes Neben- und Durcheinander. Eine ehemalige Anwohnerin, die nicht mehr in Steffeln wohnt, habe den Hanggarten auf ihrem Grundstück so gestaltet, heißt es. Die Dame ist offenbar unerschütterliche Optimistin.
Auch auf den nun folgenden Passagen des Rundweges durch den „Vulkangarten“ bleibt die Weiterbildung nicht auf der Strecke. Hinweistafeln erklären den Mühlsteinabbau und den Abbau des Vulkangesteins. Ein Teil der Wiesen des heutigen Naturschutzgebietes ist auch Weidegrund einer Ziegenherde. Deren Areal betritt man durchs Gatter, der Weg führt mitten hindurch.
Nach dem Abstieg vom Steffelberg wird es dann gelb: Mit Löwenzahn übersät sind die Wiesen. Nach Auf und Ab geht es in eine kleine Senke hinunter, wo die starke Braunfärbung des Wassers eine Mineralquelle, einen Drees im Dialekt, signalisiert. Das austretende Wasser ist offenbar stark eisenhaltig. Der „Steffelner Drees“ ist in Basalt eingefasst und blubbert: Kohlensäure tritt aus. Untrügliches Zeichen für Vulkanismus in den tiefen Erdschichten der Vulkaneifel.



Von oben nach unten: Löwenzahnwiesen, der „Steffelner Drees“ und das Eichholzmaar.
Nur wenige Meter weiter loht ein Abstecher zum kleinsten mit Wasser gefüllten Maar in Rheinland-Pfalz. Das Eichholzmaar wird von der Ortsgruppe Steffeln des Eifelvereins gepflegt. Es gibt einen kleinen Rundweg und eine überdachte Aussichtskanzel zur Wildvogelbeobachtung, die an diesem geschützten Biotop zahlreich sind.
Vom Maar zurück am „Steffelner Drees“ vorbei und weiter hinauf in die Wiesenwellen wird leider die Orientierung schwer. Jede Markierung an Kreuzungspunkten geteerter Wirtschaftswege fehlt. Man sollte sich nun südöstlich halten, das ist die Hauptrichtung des „Vulkanpfades“. So erreicht man nach Überqueren einer Straße am Ortseingang von Duppach, hier in Richtung des zu sehenden Sportplatzes weiter, nach wenigen hundert Metern endlich wieder eine Wegmarkierung: Es geht scharf links durch Felder zum nächsten Etappenziel: die Ausgrabungsstätte von Duppach-Weiermühle.

Die „Römervilla Duppach“, erstentdeckt vom Dorflehrer Funke Ende der 1920er Jahre, nachdem die Duppacher Bauern immer wieder auf massive behauene Steine bei der Feldarbeit gestoßen waren, wird von einem ehrenamtlichen Verein betreut. Was man hier im Laufe der Jahrzehnte ausgegraben hat, ist bemerkenswert.
Freigelegt wurden die Reste einer umfangreichen Villa Rustica, eines römischen Landgutes, mit angeschlossenen Werkstätten wie einer Schmiede. Ein Sechs-Pfosten-Lagerhaus aus Holz wurde rekonstruiert. Gefunden wurden vor allem die wuchtigen Reste zweier, mehrere Meter hoher und einst bemalter Grabsäulen.
Sie waren offenbar auf Fernwirkung angelegt. Von der unweiten auf der Höhenlinie zwischen Scheuern und Oberbettingen verlaufenden einstigen römischen Fernstraße aus müssen sie zu sehen gewesen sein.

Die Grabsäulen von Weiermühle sind heute nicht mehr rekonstruierbar. Ein vergleichbares Grabbauwerk gibt es aber in Igel bei Trier, dessen Original ist im Landesmuseum Trier ausgestellt. Dort sind auch die wichtigsten Funde aus Weiermühle zu sehen, wie ein aus Sandstein geschlagener monumentaler Kopf eines Greifs. Eine Kopie steht noch am Fundort.
Durch das Duppacher Trockenmaar führt der „Vulkanpfad“ nun oberhalb von Weiermühle vorbei hoch durch den Wald zur Kreisstraße und jenseits davon weiter durch Wald bis nach Kalenborn. Auch hier ist die Wegemarkierung leider sehr lückenhaft. Am Wandertag herrschte nun Schlechtwetter mit Starkregenschauern, Hagel und dichten Wolken bis Gerolstein.

Am Rother Kopf ist der zweite, kurze Anstieg der Route zu bewältigen, der Weg führt an einstigen Mühlsteinhöhlen vorbei. Eine untere ist als Fledermausschutzquartier für die Öffentlichkeit gesperrt, die obere aber ist offen. Taschenlampe und Schutzhelm sind beim Einstieg in den Berg dringend zu empfehlen.
Danach geht es noch kurz weiter hoch zum Gipfelkamm des Rother Kopfes, vorbei an einem aus dem Fels gehauenen Mühlsteinrad, das nur noch abgeschlagen werden müsste. Auf der schmalen ausgesetzten Höhe des Rother Kopfs pfeift dann der Wind und der Regen peitscht. Von hier aus hat man bei besserem Wetter den nächsten tollen Fernblick auf dem „Vulkanpfad“, noch über Gerolstein im Kylltal hinweg.

Zunächst über einen schmalen Pfad geht es nun zügig bergab auf eine Hochebene über Müllenborn und weiter vorbei am Schocken, den mit 5000 Kubikmeter Fassungsvermögen größten Hochwasserspeicher der Verbandsgemeindewerke Gerolstein auf 450 Metern Höhe. Da ist der Ausblick Richtung Süden vom Vorplatz am Behälter natürlich inklusive. Tiefer liegt in der Folge der Stausee Gerolstein, der heute Revier der Angelsportfreunde Gerolstein ist (ww.stauseefischer-gerolstein.de).
Durch den Ferienhauspark „Felsenhof“ beginnt der Schlussteil des Weges: Gegenüber einer Wiese ragt der Felsen des Auberges schroff in die Höhe. Er kann bestiegen werden. Vis a vis ist die „Munterley“, der Hauptriegel der „Gerolsteiner Dolomiten“, ein Kalkriff, das das Kylltal scharf begrenzt. Im heutigen Naturschutzgebiet gibt es ein eigenes Wegenetz. Die markantesten Punkte sind neben dem Auberg die Hustley, die Buchenlochhöhle, das Trockenmaar Papenkaule, oder der Aussichtspunkt auf der Munterley.

Wer sich das alles nicht entgehen lassen will, sollte nun weitere rund eineinhalb Stunden einplanen, vielleicht mit einem Abstecher zu den Resten des gallo-römischen Umgangstempels „Juddekirchhof“ am Rand des Schutzgebietes.
Der „Vulkanpfad“ allerdings endet jetzt am Bahnhof von Gerolstein, von wo mindestens stündlich der „Eifel-Express“ entweder Richtung Jünkerath und Köln oder nach Trier abfährt.
Am Kasselburger Weg kurz vor der Hochbrücke, die über die Gleise und zum Bahnhof führt, wartet allerdings noch die Belohnung für eine je nach Tempo sieben- bis achtstündige Wanderung: Das Eis des „Eiscafés Italia“ gehört zum Besten im Gerolsteiner Land.
Titelbild: Kapelle Wahlhausen oberhalb von Steffeln