Ein „Spukhaus“ und ein überraschend unbekannter Burgort bei Hellenthal sind die Ziele dieser „Dorf“-Folge: Es geht nach Kerpen in der Vulkaneifel und nach Reifferscheid oberhalb des Oleftals.
Die Fritz-von-Wille-Straße und ihre Nebengassen bilden unterhalb der markanten Burg das historische Zentrum von Kerpen. Eine Idylle, in der die Nachbarschaft noch funktioniert und es sich einfach gut leben lässt. „In ooser Eck“ heißt der Ortskern im Dialekt. Das Grab des Eifelmalers Fritz von Wille ist im Wald oberhalb der Burg Kerpen zu finden. Unterhalb der Burg bilden abgehende Gassen und Winkel das Viertel.

„Am Hermesturm“ steht auf der linken Seite ein lange Jahre verfallenes Häuschen, eng an die Reste der ehemaligen Schutzmauer geschmiegt. Das Kerpener „Spukhaus“ wirkt auch heute noch auffällig unauffällig. Erbaut wurde es um 1850, wie viele Häuser drum herum. Es war einst die Adresse eines Krämerladens. 1908, so die Legende, geschah im Kaufladen Merkwürdiges: Die Erbsen seien aus den Gläsern gesprungen, auch die Socken aus dem Wäschekorb. Drei Tage lang sei das so gegangen. Ein Erdbeben löste den Spuk nicht aus. Um 1920 jedenfalls stand das „Witschhaus“, so der Dialektausdruck, leer. Nachher gab es wechselnde Besitzer, aber das Gebäude wurde nicht mehr bewohnt. Vor drei Jahren hat ein Architekt aus Bonn das „Spukhaus“ gekauft und saniert. Kennt er den Ruf, den das Häuschen hat?
Eine Satzung wurde 1982 erlassen, um die Architekturtraditionen des Burgortes zu schützen.
Die Gasse „Am Hermesturm“ ist ein gutes Beispiel dafür, warum die Gemeinde Kerpen 1982 mit einer Schutzsatzung zum Erhalt des alten Dorfbildes Recht hatte. Damals wurden Fenstergrößen, dunkle Dacheindeckungen, heimischer Stein als Baumaterial vorgeschrieben. Das einst landwirtschaftlich geprägte Dorfzentrum, mit einem Misthaufen vor praktisch jeder Haustür, hatte sich gewandelt. Die Optik der alten Höfe und Ökonomiegebäude im Trierer Einhaus-Stil sollte aber bewahrt werden, „sonst sähe es heute hier Kunterbunt aus“, ist sich der langjährige Bürgermeister Rudolf Raetz sicher.

Kerpen, dessen Weihnachts- und Handwerkermarkt in der Vulkaneifel weithin bekannt sind, ist eines von vielen schmucken Dörfern zwischen Gerolstein, Hillesheim und Daun geworden. Dass in „oose Eck“ neben dem historischen Gerichtshaus der einstige Pranger des Burgfleckens steht – nun ja. Die Verurteilten durften nur mit einem Bein in der Fußfessel auf einem Stein stehen, das andere auf der Straße. Rutschte der am Pranger Stehende ab, griff sofort die Halsfessel zu. Kerpen liegt eben auch in der Krimilandschaft Eifel.
Diese „Skyline“ ist in der Eifel einzigartig.
In der Eifel gibt es einiges an bemerkenswertem historischem Gemäuer zu bewundern. Geschlossene Burganlagen mit möglichst erhaltener historischer Bebauung innerhalb der Mauern – das bieten natürlich Blankenheim, Bad Münstereifel, Heimbach oder Ahrweiler, Monschau und Monreal. Wer kennt diese wunderschönen alten Eifelorte nicht? Doch es gibt auch Dorf-kleine „Burgorte“. Hier geht es einmal nicht um das bekannte Kronenburg. Sondern um das vergleichsweise unbekanntere Reifferscheid bei Hellenthal.

Hier ist es innerhalb des Burgrings noch ein wenig mehr so, wie es über die Jahrhunderte war – und vor allem weniger touristisch. Darauf hat auch die Gemeindeverwaltung ein Auge: Sie hat bisher nur eine Gaststätte im Burgort selbst zugelassen. Dessen „Skyline“ über dem gleichnamigen Dorf ist weithin sichtbar – sogar nachts, wenn die Mauern und alten Hausfassaden samt Erkern, Giebeln und Türmchen mit LED-Beleuchtung angestrahlt werden.
Der Flyer „Historischer Rundgang“ lohnt sich – historisch ist hier fast alles.

Wer hinauf will, hat zwei Möglichkeiten: Entweder zu Fuß die steile Einbahnstraße hinauf, oder per PKW wenige hundert Meter weiter die L17 Richtung Hellenthal und dann links hinauf Richtung Hönningen. Unmittelbar am Ortseingang führt eine schmale Straße scharf links ab über Wiesen und Felder zum spätmittelalterlichen „Matthias-Tor“ hinab. Besorgen Sie sich vielleicht vorab in der Tourist Information in Hellenthal den Flyer „Historischer Rundgang“. Denn historisch ist hier oben eigentlich so gut wie alles. Und dann geht es durchs Tor über das alte Kopfsteinpflaster etwa durch das „Marktgässchen“ zum kleinen Marktplatz vor der St. Matthias Pfarrkirche. Sie hat eine von den Gebrüdern Müller erbaute Orgel. Die Orgelbauer hatten von 1802-1920 im Dorf am Fuße des Burgortes ihre Werkstatt.
Vom Marktplatz führen Stufen hoch zur Vorburg, wo eine geschlossene Reihe teilweise spätgotischer ehemaliger Wirtschaftsgebäude zu sehen ist. Die Burg selbst ist heute bis auf den besteigbaren wuchtigen Bergfried – oben ist ein „Eifel-Blick“ – Ruine. Das ist in Reifferscheid vielleicht das einzig Ernüchternde. Wer möchte, kann jetzt zum Abschluss im „Burgcafé Eulenspiegel“ seine Pause machen. Nehmen Sie bei schönem Wetter Patz auf der kleinen Terrasse und genießen Sie den Ausblick!
Titelbild: Blick auf den Burgort Reifferscheid.