Besuch beim Nachbarn: 112 „Traumschleifen“ umfasst das Wanderparadies rund um den „Saar-Hunsrück-Steig“ zwischen Untermosel, Boppard am Mittelrhein und St. Wendel im Saarland. Eifelschreiber hat sich für den ersten Test den 14 Kilometer langen „Layensteig Strimmiger Berg“ ausgesucht.
Wandern bildet. Wer das noch nicht wusste, der weiß es am Ende des 14 Kilometer langen „Layensteig Strimmiger Berg“ im Vorderen Hunsrück, 25 Auto-Minuten von Beilstein entfernt. Dass etwa „Strimmiger Berg“ nicht nur der althergebrachte Name des Pfarreiensprengels aber auch der Gemarkung ist, die sich auf das weite, hängenden Plateau zwischen den Orten Mittelstrimmig, Altstrimmig, Liesenich und Forst bezieht. Es war schon zur Römerzeit mit einigen Villae Rusticae (Gutshöfen) rund um einen Vicus an einer wichtigen römischen Fernstraße vom Hunsrück über das Moseltal bis in die Eifel besiedelt.

Hierhin führt der rund 4,5 Stunden dauernde Weg nachdem es vom Kirchplatz in Mittelstrimmig hinaus, an der Schockkapelle vorbei – eine Wallfahrtskapelle vermutlich nahe einer mittelalterlichen Richtstätte der Grafen Winneburg-Beilstein – auf die Höhe gegangen ist. Römische Feldgräber wurden hier ebenso ausgegraben wie über einige Meter der Schotteraufbau und begleitende Traufgräben für abfließendes Oberflächenwasser der römischen Fernstraße nachgebildet. Von hier geht der Blick weit über das Moseltal in Richtung Hohe Eifel, die Vulkane der Osteifel und – wenn die Sicht es zulässt – von etwas entfernteren Aussichtspunkten bis zu den Höhen des Schiefergebirges am Mittelrhein.





Von oben nach unten und von links nach rechts: Bildbachtal, Auenwiese am Mörsdorfer Bach, Info-Schild der Landwirte, Kirchplatz Mittelstrimmig und Schockkapelle.
Und schon jetzt ist man dank einiger Hinweistafeln mit der Geschichte und den Besonderheiten der Gemarkung Strimmiger Berg bekannt gemacht. Im Weiteren zudem mit Formen moderner Landwirtschaft anhand von zu Themen wie Nachhaltigkeit, Viehzucht oder Blühstreifen. Hinzu kommt erdgeschichtliches und ein kleiner Baumlehrpfad rund um die Schockkapelle.
Was nicht bedeutet, dass es sich bei diesem Wanderweg um eine Open Air-Volkshochschule handelt, aber an geeigneter Stelle will man es den angereisten Wander- und Naturfreunden eben gern etwas genauer erklären.
Der Weg ist nun zunächst das idyllische Bildbachtal hinab bis zum Mörsdorfer Bachtal über knapp eineinhalb Kilometer in manchen Passagen ein verschlungener Pfad, dann allerdings führt die Route über einen bequemen Waldwirtschaftsweg immer am Mörsdorfer Bach entlang.

Im Frühling ist das eine entspannte Strecke durch das begleitende frische erste Grün des Baumlaubs und der keinen Auenwiesen. Eine „Sinnesbank“ lädt zu einer ersten Pause auf einem Felssattel nahe einer scharfen Kure des mäandernden Baches ein; später ist mit einer ersten großen Wiese im sich jetzt öffnenden Tal erst die Birksmühle, dann die Pulgermühle erreicht.
Das Ende des ersten Teils des Weges, der nun zunehmend seinem Namen „Layensteig“ alle Ehre machen wird. Es geht zunächst aber noch nah am Flaumbach entlang, bei Hochwasser steht der schmale Uferpfad unter Wasser, eine Umleitungsstrecke ist markiert. Dann wird über eine Brücke bald der Fuß des Burgbergs erreicht.
Alle drei Klettersteigpassagen sind umgehbar – aber die Mühe es nicht zu tun, lohnt sich.
Es steht der erste von drei Klettersteigpassagen an. Alle drei sind umgehbar, alle drei aber lohnen – so man entsprechend schwindelfrei und trittsicher ist – aber auch die anstrengendere Variante. Über in den Fels eingebohrte massive Stahlklammern heißt es sich zunächst den Burgberg hinaufquälen, unterstützende Stahlseile machen die Bemühungen aber leichter. Oben angekommen geht es weiter bergan und zur ausgesetzten „Kleinen Kanzel“ mit einem schönen Blick ins Flaumbachtal. Die schnell folgende Leiter am Ende eines wieder Seil gesicherten schmalen Felsensattels ist mit etwas Überwindung zu erreichen, und nach dem Abstieg über die Tritte der erste Klettersteig geschafft.

„Schinnkaul“ heißt die Gemarkung an der die zweite Kletterherausforderung wartet. Der Name leitet sich vom Beruf des Schinders oder Schinners ab, dessen Aufgabe es war verendete Kühe oder andere tote Haus- und Hoftiere zu vergraben. Das durfte wegen der Seuchengefahr nur außerhalb des Ortes geschehen, hier an der „Schinnkaul“ der Gemeinde Mittelstrimmig.

Kurz geht es von der entsprechenden Wegetafel wieder den Wald hinauf, dann schon bald an den Fuß eines größeren Felsmassivs. Hier beginnt eine verwinkelte, steile Steigstangen-Stahlseil-Passage. Nicht ganz ohne. Oben angekommen an der Aussicht von der „Großen Kanzel“ steht eine Grillhütte. Hier, oder auf einer Bank an der „Kanzel“-Kante lohnt sich eine Pause – der Blick über dicht bewaldeten Hunsrück-Kerbtäler kommt dazu.

Und weiter geht es wieder durch Laubwald auf schmalem Pfad zum dritten Teil des Vergnügens: eine lange Doppelleiter führt hinab ins Tal der einstigen Schieferstollen. An diese Zeit erinnert der Name Layen, der in dieser Region nicht schlicht „Felsen“ oder Felsgestein, sondern „Schiefer“ meint.
Nachdem die preußische Regierung im 19. Jahrhundert die traditionelle Stroheindeckung der Häuser aus Brandschutzgründen untersagt hatte, erlangte die Dachschiefergewinnung zunehmende Bedeutung.




Von oben nach unten: Überraschung im Fohlbachtal: ein „stilles Örtchen“; auf dem Pfad zur Höhlenschlucht, Hinweisschild am Eingang zu einem ehemaligen Schieferabbaustollen, Gedenkkreuz und Marienstatue auf dem „Kreuzpeetsche“.
Allerdings sei die Qualität des per Hand (!) mit dem Hammer gebrochenen Schiefers nicht gut genug gewesen, so ein erläuternder Text an den Ruinen der alten „Spalthäuser“ unterhalb der Höhlen: sogenanntes „taubes Gestein“, zum Teil über 90 Prozent des geförderten Materials, sei eine schlechte Ausbeute gewesen. Es wurde in Halden vor den Stollen abgelagert. Heute erfüllt es einen Sinn als Habitat Wärme liebender Tierarten wie Eidechsen oder Schlangen.
Die alten Stollen sind nicht mehr zugänglich, die Eingänge vergittert. Sie dienen im Wesentlichen als Winterquartier für Fledermäuse. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die alten Schächte in den Berg eine lebensrettende Bedeutung für die Bevölkerung, die hier Unterschlupf vor Fliegerangriffen fand.

Aus dem Tal des Fohlbachs geht es nun hinaus und hoch zur Landstraße nach Liesenich. Ein „Biotopweiher“ oberhalb der Ruine des kleinen Wohnhauses der Schieferbergwerkarbeiter und ein – kein Witz – unvermutetes Plumpsklo im Holzhäuschen am Wegesrand beenden schließlich den schönsten Teil des Weges.
Über das alte „Kreuzpeetsche“, einst die kürzeste Verbindung zur Pfarrkirche von Liesenich, geht es unterhalb des Ortes durch blühende Rapsfelder Richtung Mittelstrimmig. Der Turm der Pfarrkirche und die Rotoren einiger Windräder spitzen über das gelbe Blütenmeer in den blauen Frühlingshimmel.
Fazit nach rund 4,5 Stunden: Eine gelungen gelegte, abwechslungsreiche, auf den Steigen auch anstrengende „Traumschleife“ im Saar-Hunsrück-Gebiet, die Lust auf mehr macht, keine Frage.
Titelbild: Am Flaumbach.