Girsterklaus und Cider-Kenner

Mullerthal Trail – Route 1: 38 Kilometer führen von und nach Echternach über Rosport, Moersdorf und Mompach. Die landschaftlich abwechslungsreichste Runde über Waldwege, Hochflächen, erste Felsenpassagen – und Überraschungen am Sauerufer.

Die Alte Sauerbrücke in Echternach, Startpunkt der Roiute.

Friedlich liegt das schöne Echternach früh an diesem strahlenden Maimorgen am Ufer der Sauer. Nur das muntere Vogelgezwitscher begleitet die Wanderer auf den ersten hundert Metern der „Route 1“ am Flussufer und am Stadtpark entlang, dann unter der alten Sauerbrücke hindurch. Hier beginnt der Mullerthal Trail, der auf der Route 1 nur kurz das ist, was auf den anderen beiden Riesenschlaufen des Weges sprichwörtlich werden wird: Ein Pfad durch Felsen, an Felsen entlang, unter Felsen hindurch – über Kilometer.

 

„Veitcheslay“, „Roodeschlëff“ und „Alkummer“ (Alte Kammer) sind auf der Route 1 die einzigen Berührungspunkte mit Sandsteinkolossen und schroffen Felswänden, die zum Massiv der Hawelekslaach oberhalb von Steinheim gehören. Doch dann geht es schon hinab nach Rosport an der Sauer. Der kleine Ort ist bekannt durch seinen Mineralbrunnen und für die Luxemburger auch als Sitz von Henri Tudor (1859-1928), Erfinder und Ingenieur, der an seinem Schloss oberhalb des Ortes begraben ist. Tudor hat einst die erste Elektrifizierung der Stadt Echternach eingerichtet, das Schloss ist heute Museum (www.musee-tudor.lu)

Die Zahl der Gräber passt nicht zu den wenigen Häusern des Weilers am Wallfahrtsort.

Weiter geht es auf einem schönen Waldpfad am Berghang entlang in Richtung des Rosporter Ortsteils Girsterklaus. Hier stand einst nur eine Einsiedelei, heute ist es ein Weiler um die aus dem 13. Jahrhundert stammende Wallfahrtskirche „D’Muttergottes vun der Hieselterheck“. Überraschend groß ist in Relation zum kleinen Gotteshaus mit dem wuchtigen, vielleicht als Wehrturm erbauten Kirchturm, der alte Friedhof: Offenbar war es vielen Gläubigen ein Bedürfnis, hier, an einem der ältesten Wallfahrtsorte von Luxemburg, die letzte Ruhestätte zu finden. Eine weitere Besonderheit: Die meisten der alten Gräber am Marienwallfahrtort haben ein eigenes Kreuz.

Und noch etwas Anderes fällt auf. Am Eingang zum ummauerten Kirchenareal erinnert eine Tafel an die Begründung der Unabhängigkeit Luxemburgs 1839, die genauer nur eine Festsetzung des heutigen Staates und Großherzogtums war. Auf dem Mullerthal Trail stößt man immer wieder in den passierten Dörfern darauf: „1839-1989 – 150 Joër Onofhängegkeet“. Im „Luxemburger Wort“ findet sich die Erklärung.

Schon Mitte Mai ausgetrocknet: Der Girsterbach.

Nach Born und nach Moersdorf führen weitere Abstecher vom eigentliche Trail, die diese Route so  besonders abwechslungsreich machen. Da wäre etwa die Luxemburgisch- Deutsche Brücke über die Sauer zwischen Moersdorf und Metzdorf. In den ersten Monaten nach Ausbruch der Corona-Pandemie war sie gesperrt – das erste Mal nach der Eröffnung 2018. „Europa-Steine“ und eine EU-Fahne auf der Brücke und am Geländer waren am Ende als Hoffnung stärker: Die Fußgänger- und Radfahrerbrücke ist wieder geöffnet.

In Born, ein Dorf zuvor an der Sauer, wartet schon Paul Jeitz auf Neugierige, denen im alten Dorf, dessen Name sich von früheren salzhaltigen Quellen ableitet, die Schiefertafel am Straßenrand mit dem Verkostungsangebot seiner „Cider Haff Ramborn“ aufgefallen ist.

Auf der Hochfläche oberhalb von Mompach.

In diesem Fall ist aus der Scheune aus dem 18. Jahrhundert, der „Haff“ auf Letzeburgisch, vor sechs Jahren die Apfelweinkelterei geworden. Verarbeitet und in Stahltanks nur kurz vergoren, die Top-Qualitäten dann noch gereift in alten Bourbon- oder Rumfässern, werden vor allem traditionelle Apfelsorten wie der Rambour (daher der Name Ramborn), aber auch Birnen. Das Obst ernten die Landwirte aus der Region von Streuobstwiesen, deren Neuanlage, Bestandserhaltung und Pflege staatlich „mit bis zu 100 Prozent gefördert wird“, so der Cider-Experte.

Der „Cider-Botschafter“ sieht sich als Vermarkter einer landwirtschaftlichen Kooperative.

Paul Jeitz, der sich stolz „Cider-Ambassador“ nennt, sieht sich als „Vermarkter einer landwirtschaftlichen Kooperative. Unsere Produkte exportieren wir in ganz Europa, sogar darüber hinaus bis nach Südkorea“, schmunzelt er.  Man setze auf die englische Tradition des Cider, nicht auf den Viez der Mosel, betont der Fachmann. Er hofft jetzt, dass er wenigstens im Herbst auf dem großen Hof vor dem Kelter- und Gärraum wieder seinen „Ramborn-Cider-Garten“ öffnen darf. (www.ramborn.com)

Idylle in Mompach.

Doch nun weiter auf den Mullerthal Trail, der auch in der Folge keinen Bezug mehr zu Sandsteinfelsen in engen Tälern hat wie man sie von der „Kleinen Luxemburger Schweiz“ erwarten würde. Jetzt geht es ab Moersdorf steil hinauf auf eine  Hochfläche: Windkraftanlagen surren, Felder, so weit das Auge reicht – und vor Trockenheit jetzt schon, Mitte Mai, aufgerissene Böden unter dem wilden Mohn und Feldmargeriten.

An Boursdorf vorbei führt der Trail so nach Mompach, dann über Herborn ins Naturschutzgebiet „Hiederbësch“, dann in den „Groussebësch“ und die „Haard“ schon oberhalb des Sees von Echternach. Diese Strecken sind zwar nach der schon in diesen Maitagen sengenden Sonne auf der Hochfläche eine Wohltat im Wald, aber auch monoton: Es geht über einige Kilometer mit wenigen Schlenkern immer geradeaus.

Blick auf Echternach und seinen See.

Ein steiler Pfad führt schließlich schnell hinab zum See, der schon zuvor von einem Aussichtspunkt auf der Höhe im Wald verheißungsvoll im Licht glitzerte. Am Uferrundweg weist eine Sandsteinskulptur eines Römers in Toga den Weg zum „Römischen Museum“ von Echternach oberhalb der freigelegten Reste der Grundmauern einer luxuriösen römischen Villa. Weiter Richtung Marktplatz und Basilika geht es entspannt entlang eines kleinen Sauerzulaufs aus der „Kleinen Luxemburger Schweiz“ unter Bäumen die Rabatt entlang: Jedes Haus am Bachufer hat seine eigene kleine Brücke.

Die Rabatt in Echternach.

In Echternachs Fußgängerzone empfiehlt sich nach diesen rund elf Stunden zum Auftakt des Mullerthal Trails jetzt ein Eis im „Venezia“ in der Bahnhofstraße – auch wenn man dafür nicht Platz nehmen darf, sondern geduldig mit dem Mund-Nase-Schutz in der Warteschlange stehen muss.

Titelbild: Die Girsterklaus

Wissenswertes zum Mullerthal Trail
Rund 110 Kilometer lang ist der 2008 eröffnete Mullerthal Trail, der in drei miteinander verwobenen Schleifen das weithin bekannte Wandergebiet der „Kleinen Luxemburger Schweiz“ neu erschlossen hat. Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Rundwege, Pfade und regionalen Wanderstrecken im Gebiet; der Mullerthal Trail (MTT) nimmt die Höhepunkte dieser kleineren Runden auf und deckt so insgesamt die meisten Wanderattraktionen der vielseitigen Region ab.

Der Trail kann bequem in sechs Einzeletappen gegangen werden. Die ÖPNV-Infrastruktur ist zumindest an den Werktagen exzellent, das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten – vorherige telefonische Anfrage wegen der Sars-Cov2-Beschränkungen sind selbstverständlich – ist ausreichend. Richtig Laune macht der Trail aber, wenn man die 3 Routen jeweils als Tageswanderung in Angriff nimmt. Die Kleine Luxemburger Schweiz, wie sie vom MTT abgegangen wird, erstreckt sich von Echternach im Uhrzeigersinn über die Eckpunkte Rosport, Mompach, Consdorf, Larochette, Beaufort und Berdorf.

Die drei Routen sind 40, 33 und 37 Kilometer lang. Der Mullerthal Trail ist perfekt auf Sicht markiert, es empfiehlt sich dennoch, die ausgezeichnete offizielle Wanderkarte im Gepäck zu haben.

Der Trail ist auf den ersten Blick wenig anspruchsvoll, aber unterschätzen sollte man speziell auf der 2. Runde unzählige Auf- und Abstiege entlang der Felspassagen und Wege voller Steine und Baumwurzeln nicht. Festes Schuhwerk ist dringend zu empfehlen, eine gute Kondition ist speziell bei der Route 2 Voraussetzung.

Wer unter Platzangst leidet, kann die Route 2 an zwei Schlüsselstellen unterhalb von Consdorf, die bis 50 Zentimeter schmale Durchlässe in Felsspalten haben und nicht umgangen werden können, nicht weitergehen. An einigen Stellen ist die Mitnahme einer Taschenlampe oder eines entsprechend ausgestatteten Smartphones Voraussetzung, so etwa am „Déwepëtz“ bei Consdorf. Alternativen für diese Engstellen sind auf der erwähnten Karte ausgewiesen. Über große Strecken der Felsenpassagen ist zudem kein Mobilnetzempfang möglich.

Info
: www. mullerthal.lu/de