Die Pastorale

Mullerthal Trail – Route 3: 37 Kilometer vom Schiessentümpel über Beaufort, Larochette und Blummendall sind eine entspannte frühsommerliche Landpartie ganz im Zeichen von kleinen wilden Felsbächen, weiten Blicken auf dem Plateau und idyllischen Tälern.

Morgenstimmung im Tal der Schwarzen Ernz.

Und wieder zeigt sich die „Kleine Luxemburger Schweiz“ von einer ganz anderen Seite. Die erste Runde des Mullerthal Trails kann man unter dem Label „Die Unentschlossene“ zusammenfassen: mit ersten Partien an Sandsteinfelsen entlang, dem Passieren von kleinen bemerkenswerten Orten am Sauerufer, leider aber auch eher uninspirierten Kilometer langen Waldwirtschaftswegen. Runde 2 ist zweifellos „Die Dramatische“ mit abenteuerlichen Pfaden an, unter, durch und auf die rund 170 Millionen Jahre alten Sandsteinfelsen zwischen Berdorf, Müllerthal und Consdorf. Viel beschrieben und fotografiert.

Doch diese dritte Runde, ungleich unbekannter als die mittlere Schleife, ist „Die Pastorale“: Eine Landpartie.

Am Haupeschbaach.

Ambitionierte Wanderbloger und Wanderführerautoren empfehlen, die Tour, die am Schiessentümpel beginnt und endet, im Uhrzeigersinn zu gehen. Meiner Meinung nach genau die falsche Variante. Vielmehr zeigt diese Runde über knapp zehn Stunden reiner Gehzeit ihre Besonderheiten und Reize in der schöneren Abfolge, wenn man sie entgegen dem Uhrzeigersinn absolviert.

Früh am Morgen, die Sonne blinzelt gerade über die Höhen, liegt noch ein Zauber über den weiten Weiden entlang des Tals der Schwarzen Ernz. Es geht in dieser friedlichen Stille parallel des Baches bis zu einer Gabelung, und jetzt langsam und stetig für eine gute Stunde durch den Langebësch hinauf. Hier kommt erst der Halerbaach, später der Haupeschbaach entgegen. Große Teile des Gebietes gehöre zum Naturschutzgebiet Befort, das unterhalb der Burgruine von Beaufort enden wird.

Burgruine Beaufort.

Mitten durch Geröll, Felsen und Steine hat sich vor allem der Halerbaach sein wildes enges Bett gegraben. Mit Bachschnellen, kleinen Wasserfällen, über Stufen und Gumpen bildend, kurze Meter wird die Wegführung sogar ein bisschen klammartig und schluchtig. Eisvögel und Wasseramseln sind zu beobachten. Die Vielfalt an Farnen und Gräsern, für die die niederschlagsreiche Kleine Luxemburger Schweiz vor allem an ihren Bachläufen bekannt ist, lässt sich bewundern. Dazu die mit zunehmender Höhe größere Felsenkulisse.

Am Taleingang beendet der Burgweiher von Beaufort die furiose Anfangsetappe.

Überraschend erreicht dieser furiose Auftakt sein Ende. Der Wald öffnet sich und am jenseitigen Ufer des ehemaligen Burgweihers leuchtet schon das Weiß des Sandsteins Burgruine Beaufort. Daneben wurde ein Renaissanceschloss gebaut. Das ergibt eine Geschichte der Herrschaftsarchitektur von der Romanik bis in die Neuzeit. Hier ankommen sollte man im Idealfall nicht vor 9 Uhr. Dann öffnen sich die Tore zur Burg- und Schlossbesichtigung – und man kann als Souvenir den in der Region bekannten Cassis aus der Schlossdestillerie erstehen.

Weiter geht es über Bohlen, die die Feuchtwiesen des ehemaligen Wassergrabens und des anschließenden kurzen Tals schützen, auf das Plateau von Beaufort. Die Landschaft ändert sich schlagartig: Der Weg führt auf die Höhe, Waldpassagen wechseln mit Offenland, später geht es am Feldrand entlang mit ersten weiten Blicken Richtung Diekirch und Bettendorf. Ein Hohlweg aus Sträuchern und Bäumen spendet Schatten; oberhalb der Bauernhöfe Firtgeshaff und Reneschhaff signalisiert ein lärmender Spatzenschwarm reiche Futterernte am schon teilweise reifen Süßkirschenbaum.

Nach Überqueren der Kreisstraße CR 356 geht es ins nächste Waldgebiet, bald gesellt sich die Markierung der „Extra Tour A“ Richtung Larochette dazu. Das Städtchen im Felsenkessel ist der ideale Ort für die Mittagspause nach etwas mehr als der Hälfte dieser Mullerthal Trail-Runde.

Votivnische oberhalb von Supp.

Der nächste Abschnitt danach ist weiter geprägt durch den Wechsel aus Wald und Feld auf dem Hochplateau. Doch hinter dem Weiler Supp macht zuvor eine kleine Treppe zu einem Felsüberhang im Unterholz neugierig: Eine offenbar seit vielen Jahren genutzte Gebetstelle mit Marienstatuen, der des Gekreuzigten, Votivtafeln, Blumenschmuck in kleinen Vasen und Opferkerzen.

Feldweg Richtung Houbierg.

Bei der hier gewählten Wegvariante – ist jetzt einer von insgesamt nur zwei eher einfachen Anstiegen zu bewältigen. Es geht hoch Richtung Houbierg und Reuland. Am Feldrand blüht es bunt frühsommerlich: Rot der Mohn, tiefblau die Kornblumen, weiß die Feldmargeriten, gelb das Schöllkraut, dazu der schon kräftig blaue Himmel und die Schönwetterwolken – das alles verstärkt nur den Eindruck der entspannten Wanderreise.

Frühsommerblühgemeinschaft am Wegrand.

Der Jean Harris Hof wurde angeblich 1789 erbaut, heute weist nur eine Gedenktafel am Wegrand auf das ehemalige Gehöft hin. Hier ist man nach einem Abstieg durch den Wald wieder in einem sanften Bachtal angekommen, und der Weg führt nach Blummendall am Eingang zum „Naturpark Mëllerdall Geopark“. Es beginnt die Schlussetappe.

Erst führt der Pfad nun in ein ausschwingendes Buchenwaldtal. Die hohen, schlanken Stämme geben der Umgebung eine kathedralhafte Lichte. Dann rücken die Felsen näher. Am Wegrand führen Stufen hinauf aufs Plateau. Oben fällt genau an dieser Stelle Sonnenlicht durch eine Lücke zwischen den Baumwipfeln auf eine natürliche Steinscheibe. Die Besonderheit blieb nicht unentdeckt. In den Stein ist eine Sonnenuhr gemeißelt.

Glasklar ist das Wasser im Felsenbecken der Kalktuffquellen.

Doch eigentliches Thema dieser Runde ist ja das Wasser, und wie zu Beginn führt der Weg nun gegen Ende zum einzigen Hochmoor des Mullerthal Trails, dem „Ripsmuer“ – unüberhörbar durch das muntere Quaken der Frösche unter den diversen Seggen in den Tümpeln. Unmittelbar am Bohlensteg, der für Besucher des Biotops angelegt wurde, blüht gelb der Sumpfrittersporn.

Weiter durch den Wald steigt die Zahl der Spaziergänger und Wochenendausflügler schnell an. Vorbei an einem der ersten Parkplätze im Umkreis des Schiessentümpels führt ein Bohlenweg zu den Kalktuffquellen, ein Sinterwasserfall, allerdings nicht vergleichbar mit den „Nohner Wasserfall“. Glasklar ist das eiskalte Felsenwasser im Naturbecken unterhalb des moosbewachsenen Felsenüberhangs.

Die Kalktuffquellen oberhalb des Schiessentümpels.

Der Schiessentümpel ist an diesem Pfingstsamstagnachmittag schlicht überlaufen. Verständlich, die Wasserfälle der Schwarzen Ernz sind ein beliebtes Ausflugsziel.

Hier begann und endet diese besonders gelungene Runde des Mullerthal Trails. Die drei Schleifen durch die Kleine Luxemburger Schweiz, das kann man als Fazit auf den 110 Kilometern guten Gewissens behaupten, gehören bis auf kleine Abstriche auf der ersten der drei Schleifen, zu Recht zu den „Leading Quality Trails“ in Europa.

Titelbild: Am Halerbaach.