Gegen Wind, Wetter und Westen

Das „Monschauer Heckenland“ rund um Höfen ist europaweit einzigartig. An die 200 Jahre alt können die bis zu acht Meter hohen Rotbuchenhecken werden. Eifelschreiber hat einen gestandenen Höfener gebeten, das mal zu erklären.

„Es geht mittlerweile ja schneller!“ Bruno Jansen steht am Hofeingang seines Grundstücks in der Höfener Triftstraße, eine elektrische Heckenschere und eine Astschere in der Hand. Fehlt der Sohn mit dem Traktor, in dessen Hubaufleger er steigen würde, wenn es wieder so weit ist. Denn einmal im Jahr muss auch Jansen, 75, ran. Alles per Hand, auf der Leiter und über bis zu 18 Stunden pro Hecke – das war für Jansen wie für alle Höfener Heckenschneider in der Jugend noch der Normalfall.

Historische Fachwerkhäuser, mit Reet oder Stroh gedeckt und geschützt von einer Schutzhecke: Im Ortskern von Höfen gibt es dieses in Europa einmalige Ensemble vereinzelt noch heute.

Schließlich ist seine Rotbuchenhecke an die 170 Jahre alt, 25 Meter lang, sechs Meter hoch. Die ausgeschnittene runde Einfahrt zu Haus und Hof ist kunstvoll mit langen Latten überbrückt. So können sich die Äste um die Höhe wickeln und der Bogen hält. Einmal im Jahr greift er zum Handwerkszeug für den rechten Schnitt: Der Grundschnitt bis zum 1. März, dann beginnt die Brutzeit für Blaumeisen und Co. im dichten Bewuchs. Danach ist allenfalls noch ein Pflegeschnitt erlaubt.

Nur in Flurhecken sind auch „Durchwachser“ erwünscht.

Über100 bis zu 25 Meter hohe und bis zu 50 Meter lange Buchenhecken sorgen in Höfen und als Flurhecken auf dem „Höfener Heckenweg“  (Weg auch in barrierefreier Variante begehbar) in niedrigerer Ausführung als Flurabgrenzung und zum Schutz des Weideviehs für die einzigartige Dorf- und Umlandansicht. Vom „Eifelblick“ am Ortsrand ist das alles gut zu sehen. Höfen, 1987 und 2001 Bundessieger im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden/Unser Dorf hat Zukunft“, ist für Grün-Fans einfach die Reise wert. Europaweit gebe es nichts Vergleichbares, beteuern die Touristiker in Monschau. Schon entlang der Ortsdurchgangsstraße staunen die Autofahrer über besonders markante Beispiele der Heckenarchitektur.

Bruno Jansen

„Die Schutzhecken haben Tradition in Höfen“, so der Ur-Höfener Jansen, „der Ort entstand aus ursprünglich drei Bauernhöfen, und schon vor rund 200 Jahren wurden um die Häuser die Hecken gepflanzt“. Aus gleich mehreren Gründen. Zum einen schützten sie die Bewohner in den Häusern dahinter vor Wind und Regen, beides kommt auf der Höfener Hochfläche in der Regel aus Westen; zum anderen bietet der Schnitt auch Brennholz für die Öfen. Dass so zugleich eine grüne Wand gegen die Kalterherberger gebaut ist, mit denen die Höfener eine dauerhafte Freund-Feindschaft verbindet, ist aber nur ein Gerücht.

Es gibt magere 18 Euro Heckenpflege-Zuschuss. „Die sollten sie lieber für soziale Zwecke ausgeben!“ meint Jansen

Der Erhalt der Hecken ist allerdings tatsächlich sogar Geld wert. Über den Kreis Aachen gibt es alle zwei Jahre 18 Euro Pflegezuschuss fürs Schutzgrün. Auch rund um das noch knappe Dutzend historischer Fachwerkhäuser mit Reet- oder Strohdächern. „Die 18 Euro sollten sie lieber für einen sozialen Zweck ausgeben“, knurrt Jansen wenn es um die magere Anerkennung für den Erhalt der Dorfnaturdenkmäler geht, die nicht unter Naturschutz stehen.

Er macht sich die Mühe ja nicht des Geldes wegen, sondern um beim Juryrundgang zur Bewertung des Höfener Alleinstellungsmerkmals einen möglichst guten Platz zu machen. „Seit Jahrzehnten werde ich immer Zweiter“, lacht Jansen, der Rekordvize von Höfen.

Damit es irgendwann einmal doch zum Sprung ganz hoch aufs Treppchen reicht, achtet auch er darauf, dass der pro Jahr halbe Meter hohe Neuwuchs sauber und gerade gekappt ist, ebenso wie alle Seiten. Würde er es nicht tun, käme es zu den – auf den Flurhecken rund um Höfen durchaus gewollten und gut sichtbaren – „Durchwachsern“: Rotbuchenstämme, die aus der Hecke herausragen. Die Gestutzten erkennt man auch in Jansen eigener Hecke: „Ganz alte können so dick sein, das sich ein Kind hereinstellen kann, wenn der Stamm hohl ist“.

Stangen dienen der Formbildung der Hecke: Bruno Jansen am Hofeingang,

Die „Monschauer Heckenlandschaft“ und damit Höfen hat die spezielle Form der Grundstücksgrenze bundesweit bekannt gemacht. Seit der Eröffnung des Eifelsteigs – Höfen ist auf der Etappe zwischen Monschau und Einruhr – und des „Nationalparks Eifel“ – in Höfen ist ein „Nationalpark-Tor“ – ist die Besucherzahl erneut deutlich gestiegen. Er frage sich da schon, wann denn nun endlich „Jeder einmal hier gewesen ist“, so Jansen. Apropos: Die schönste Zeit für einen Besuch entlang der mit Hinweistafeln zur Erklärung ausgestatteten kleinen Ortsrunde ist zwischen Anfang Mai und Anfang September.

In manche Hecken haben die Besitzer „Fenster“ in Höhe der Hausfenster dahinter geschnitten. Damit es drinnen nicht allzu duster ist.

Der Höfener Hecken-Mann führt zu einem besonders schönen Beispiel. Knapp eineinhalb Meter vom Haus entfernt steht die noch nicht ganz blickdichte, weil noch winterbraune Wand. Ein „Fenster“ ist herein geschnitten. Auf gleicher Höhe ist ein Hausfenster dahinter. „Sonst wäre es drinnen duster“, so Bruno Jansen. Jetzt mal ganz unromantisch gefragt: Ein Lattenzaun statt Hecke – wäre doch einfacher? Jansen stutzt kurz: „Das dürfen Sie einen echten Höfener nicht fragen!“

Titelbild: Wind- und Wetterschutz bieten die Rotbuchenhecken in Höfen, die bis zu 200 Jahre alt sein können. Foto: Steffen Heinz/Caronna, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=724495