Die Freiheit von Monschau

Monschau, im engen Tal am Zusammenfluss von Laufenbach und Rur gut versteckt, verdankt seinen Ruf in gewisser Weise einem Glücksversprechen: Hier fanden der Legende nach protestantische Flüchtlinge und Tuchmacher aus Aachen und dem Bergischen Land im 30-Jährigen Krieg (1618-1648) auf der Suche nach Religionsfreiheit ein neues, sicheres Zuhause. Und begründeten einen Wirtschaftsboom im Städtchen.

Egal von wo aus man sich Monschau nähert: Die verwinkelten engen Gassen, die Fachwerkhäuschen mit der verschieferten Wetterseite, das Kopfsteinpflaster – alles das nimmt den Besucher sofort gefangen. Man schlendert gerne durch die am schmalen Rurufer beiderseits sich auftürmende kleine Stadt, die sich schon längst auf die Hügel drum herum ausgeweitet hat.

Blick auf die evangelische Stadtkirche (im Vordergrund) und die katholische Aukirche.

Im historischen Kernort der heutigen politischen Gemeinde Monschau, 1972 wurden sechs Orte eingemeindet, leben 1600 der insgesamt 11.700 Einwohner. Mit „Monschau“ verbinden die Meisten aber nach wie vor die Altstadt, die ein bisschen wie aus der Zeit gefallen wirkt. Viele derjenigen, die hier Hotels, Restaurants, Souvenirläden betreiben, wollen zwar nicht, dass der alte Ort zum „Museumsdorf“ wird, doch das zu vermeiden ist schwer: Mehr als 330 Bauwerke in Monschaus Altstadt stehen unter Denkmalschutz.

„Eine mittelalterliche Stadt, wie es ab und zu heißt, ist Monschau aber deswegen nicht“, stellt Katharina Franke von der Monschau Touristik klar. Auch wenn das markanteste Gebäude der Stadt, die von den Herzögen von Limburg begründete Burg aus dem 13. Jahrhundert, hochmittelalterlich ist.

Monschaus Aufstieg zur Tuchmachermetropole: Das kalkfreie Wasser der Rur lieferte den Grundstoff neben der importierten Feinwolle.

Vieles andere im Städtchen ist jüngeren Datums, vor allem aus dem 17. und 18. Jahrhundert, als der Legende nach Religionsflüchtlinge im 30Jährigen Krieg hier ein neues Zuhause gefunden und sich eine neue Existenz aufgebaut hatten: Monschau wurde zum immer wohlhabender werdenden Zentrum der Feintuchproduktion.

Monschauer Dach- und Fassadenlandschaft.

Dabei kam den Herstellern in den Manufakturen das kalkfreie Wasser von Laufenbach und Rur zugute, die benötigte edle Wolle etwa von Merino-Schafen wurde aus ganz Europa importiert. Sichtbares Zeichen des Wohlstands einiger Tuchmacherdynastien sind prachtvolle Wohnhäuser, die zum Teil auch Kontor der Industriellenfamilie waren. Etwa das  repräsentative Stadthaus des Ehepaares Troistorff, das heute das Trauzimmer des Monschauer Standesamtes beherbergt, oder das Stadtbild prägende „Rote Haus“ von 1768 am Zusammenfluss der beiden Gewässer, dessen Einweihung sein Erbauer Johann Heinrich Scheibler (1705-1765) nicht mehr erlebte.

Die linke Hälfte des mehrgeschossigen Gebäudes ist das Wohnhaus „Zum goldenen Helm“, die rechte Seite das einstige Kontorhaus „Zum Pelikan“. Ab dem Osterwochenende öffnet das heute in Trägerschaft des Landschaftsverband Rheinland stehende Denkmal Nummer 1 von Monschau wieder seine Türen für die Besucher. Über die Wintermonate bleibt es aus konservatorischen Gründen fürs originale Wohninterieur aus dem 18. Jahrhundert geschlossen. Sehenswert im Gebäude ist auch die über drei Stockwerke frei gebaute hoch herrschaftliche Holztreppe.

Monschaus unbekannte „dritte Kirche“ steht am deutlichsten für den einstigen Wohlstand des Städtchens.

Das „Rote Haus“ steht direkt neben der Evangelischen Stadtkirche, die auf der Kirchturmspitze keine Wetterfahne, sondern einen goldenen Schwan hat, Zeichen der Reformation. Das gebaute Konfessionsbekenntnis an prominenter Stelle ist aus der jüngeren Stadtgeschichte erklärbar. Die katholische Pfarrkirche St. Mariä Empfängnis, von den Monschauern nur „Aukirche“ genannt, steht zwei Ecken weiter entfernt unweit des Marktplatzes.

Doch Monschau hat noch eine dritte Kirche: St. Mariä Geburt, ein bisschen abseits der Touristenpfade gelegen. Dabei ist auch sie ein Dokument für die wirtschaftliche Blütezeit des Rur-Städtchens. Errichtet wurde sie von 1649-1650 von den Prämonstratensern des ehemaligen Klosters Gut Reichenstein bei Mützenich als erste Pfarrkirche der neuen Pfarrgemeinde Monschau. Ursprünglich war das Gotteshaus ein schmuckloser Saalbau aus rotem Bruchsteinmauerwerk.

Heute der bekannteste Monschauer: „Maaßens Päulche“. Paul Maaßen (1856-1940) war ein reisender Kaufmann, der Kurzwaren aus seinem Korb heraus an den Haustüren anbot und verkaufte. 2000 wurde ihm zu Ehren von einem Monschauer Künstler vor dem Hotel Horchem eine Bronzeplastik aufgestellt.

Dann veränderte der zunehmende Wohlstand in der Stadt auch das Kirchlein: Wertvolle  Ausstattungsgegenstände aus dem Kloster Reichenstein, auch aus dem Trappistenkloster Mariawald oberhalb von Heimbach wurden erworben, ein silbervergoldeter Schrein mit der Reliquie des hl. Liberatus, des Stadtpatrons von Monschau, wurde 1769 von Anton Reuter angefertigt. Aus dem schmucklosen Bau wurde ein Musterbeispiel Nordeifeler Barocks.

In der Blütezeit der Monschauer Tuchindustrie lebten über 3000 Menschen in der  Stadt. Im Durchschnitt 9,5 Personen in einem Haus, heißt es auf einer Informationstafel an der Straße Am Mühlenberg, wo damals zahlreiche Weberfamilien wohnten.

Nebenbei hat Monschau eine der wenigen noch bestehenden konfessionellen Schulen im Bistum Aachen. 

Monschaus Schätze sind aber nicht nur die vielen Baudenkmäler, von denen immer mal wieder – in der „zweiten Reihe“ versteht sich – welche zum Kauf angeboten werden. Oft ist der Kaufpreis selbst günstig. Welche „Probleme“ die Jahrhunderte alten „Schätzchen“ im Innern haben, sieht man von außen nicht.

Monschau ist natürlich nicht nur schönes altes Ambiente. Ein schickes Hallenbad, das „Vennbad“, steht oberhalb der Altstadt am Hang. Mit der Bischöflichen Mädchenrealschule St. Ursula ist am Stadtrand eine der wenigen konfessionellen Schulen in der Eifel und im Bistum Aachen zu finden.

Unter einer anderen Schule, der zum Jahreswechsel 2018/19 geschlossenen Elwin-Christoffel-Realschule, befinden sich Teile eines geplanten „Notkrankenhauses“. Es wurde 1966 in den Zeiten des „Kalten Kriegs“ eröffnet und sollte 400 Betten vorhalten können.

Der Familienname Maaßen hat in Monschau einen besonderen Klang.

Wer nach Monschau kommt, interessiert sich dafür vermutlich eher weniger. Eher schon für die bekannte Senfmühle an der Laufenstraße oder die „Caffee-Rösterei Wilh. Maaßen“ in der Stadtstraße. Maaßen hat in Monschau einen besonderen Klang: „Maaßens Päulche“ wie Paul Maaßen genannt wurde, war ein reisender Kaufmann, der Kurzwaren aus seinem Korb heraus an den Haustüren anbot und verkaufte. Er soll nicht nur in Monschau, sondern bis nach Aachen unterwegs gewesen sein. „Maaßens Päulche“ lebte von 1856 bis 1940. 2000 wurde ihm zu Ehren von einem Monschauer Künstler vor dem Hotel Horchem eine Bronzeplastik aufgestellt. Und „Päulche“ wurde zum meist fotografierten Monschauer überhaupt.

Monschauer Idylle mit „Rotem Haus“ und Blick auf den Turm der evangelischen Stadtkirche.

19 Jahre jünger ist ein anderes Denkmal, das eher ein Mahnmal ist: Am Resi-Schumacher-Platz, wie die Baulücke an der Laufenstraße von den Monschauern nur genannt wird, hier brannte vor rund 15 Jahren das Wohnhaus von Frau Schumacher in einer Winternacht ab, sieht man jenseits des Grundstücks auf das Gemäuer des einstigen Monschauer Gefängnisses. Und davor auf den „Monschauer Pranger“, eine Installation der Aachener Künstlerin Stephanie Binding von 2019. Wer auf dem thronartigen Sitz Platz nimmt, macht sich freiwillig öffentlich: Auch im Internet über den WLAN-Hotspot des Platzes. Und er wird vielleicht irritiert durch den Blick in einen Zerrspiegel vor ihm.

Kunst und Kultur spielen im heutigen Monschau nicht nur im „KuK“-Zentrum der Städteregion Aachen (Kunst- und Kulturzentrum) an der Austraße eine Rolle. Immer mal wieder wird der öffentliche Raum zur Bühne, ob für eine Skulpturenausstellung oder musikalisch: Die Stadt öffnet sich im Sommer seit 20 Jahren mit dem „Monschau Festival“, einem Open Air auf der Burg für Musik fast jeder Form, in diesem Jahr vom 31. Juli bis zum 9. August. Die Burg – nebenbei bemerkt – wurde 1971 vom Verpackungskünstler Christo wie das mittelalterliche Befestigungsbauwerk Haller am anderen Stadtende mit Polypropylenplanen verhüllt.

Das historische Zentrum an der Rurbiegung: Monschaus Altstadt.

Vom 7. bis 28. Juli wird zudem der historische Marktplatz der Stadt wieder zum Freilichtkino bei den „Monschauer Filmnächten“. Hier, vis-a-vis der viel fotografierten Fachwerkkulisse am steilen Rurufer, findet schon Monate vorher, am 22. März, das „64. Internationale Wildwasserrennen“ des Deutschen Kanu Verbandes statt.

Monschau hat dazu einmal im Jahr einen der bekanntesten Weihnachtsmärkte auf dem Marktplatz. Dazu empfiehlt sich der Besuch in der Pfarrkirche des Rotbuchenheckendorfes Höfen, wo im Advent eine sehenswerte Landschaftskrippe aufgebaut ist.

Monschauer Heckenland, Kloster Reichenstein, Narzissenblüte bei Höfen: Die Stadtteile und Umgebung von Monschau sind reizvoll genug.

Die Stadtteile sind aber nicht nur zur Weihnachtszeit einen Abstecher wert:  Etwa Mützenich mit „Kaiser Karls Bettstatt“, einem Findling am Rand des Schutzgebietes Hohes Venn. In Kalterherberg steht der „Eifeldom“; Imgenbroich ist das Monschauer Industrie-, Gewerbe- und Einkaufszentrum.

Narzissenblüte vor Windkraft im Fuhrtenbachtal bei Höfen.

In diesem Jahr kommen viele Monschauer – ob aus der Stadt oder Umzu – am 19. April zum Nationalpark Eifel-Tor in Höfen, Zwischenstation auch auf dem Eifelsteig – Monschau ist Etappenort.
Mitte April wird hier in Höfen das 40. „Narzissenfest“ gefeiert, passend zur Blütezeit der leuchtend gelben Wildpflanzen im nahen Fuhrten- und Perlenbachtal. Schon dieses Naturschauspiel lohnt den Besuch im „Monschauer Heckenland“.

Info: www.monschau.de

Titelbild: Beliebtes Fotomotiov: Die Fachwerkbebauung am Rurufer in Höhe des Marktplatzes von Monschau.

Dieser Beitrag erscheint auch in der Ausgabe 2-2020 des Regionalmagazins „Vulkaneifel – Heimat hautnah„, die ab 6. März im Zeitschriftenhandel erhältlich ist. Infos zum Abo hier.