Der Kassierer

„Einer muss es ja machen.“ Mit diesem lapidaren Satz begründet Peter Milde, warum er 1985 Kassierer im damals gegründeten Förderverein Alte Schule Bleibuir wurde. Er blieb es 34 Jahre. Jetzt gibt er sein Ehrenamt ab.

Vertrauen. Dass es schlicht Vertrauen war, was ihn  34 Jahre lang der Kassierer des Fördervereins Alte Schule in Bleibuir bei Mechernich werden ließ, das kommt Peter Milde gerade nicht in den Sinn. „Es hat aber nie Jemand auch nur einmal bei der Mitgliederversammlung meine Kasse sehen wollen, und von den Rechnungsprüfern heiß es immer: Die Kasse stimmt!“ Natürlich hat das mit Vertrauen zu tun.

So großartig würde der 76-Jährige es im Nachhinein jedenfalls nicht bezeichnen: „Einer musste es ja machen“, erinnert er sich an die Gründungversammlung des Fördervereins Alte Schule am 25. November 1985. So dachten schließlich alle Vorstandsmitglieder der ersten Stunde. Wie sonst in Bleibuir einen neuen Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft schaffen, wo alles Alte wie Kneipen und der Einzelhandel schon lange weggefallen waren?

„Im Januar fing ich an mit den Hausbesuchen für den Mitgliedsbeitrag“.

Jedenfalls konnte Kassierer Peter Milde nach der Vereinsgründung –  kurzzeitig war der Förderverein auch ein e.V. –  gleich 48 Mitglieder in die Listen eintragen. Eine Aufnahmegebühr von 50 D-Mark wurde in den ersten Jahren fällig. Zusammen mit den 10 D-Mark Jahresbeitrag viel Geld Ende der 1980er Jahre. Doch es mussten hohe Ausgaben für den Umbau der Alten Schule bezahlt werden.

Einnahmen und Ausgaben hat Peter Milde 34 Jahre lang mit der sauberen Handschrift des Lehrers, der er bis zur Pensionierung war, in Schulheften in einer Tabelle notiert und so Soll und Haben aus Rechnungen und Quittungen in Aktenordnern ausgerechnet. Seine erste Bilanz, für 1986, betrug  12.000 D-Mark an Ausgaben, vor allem für den Umbau der beiden ehemaligen Klassenräume im Untergeschoss der Alten Schule, aber erfreuliche 16.000 D-Mark an Einnahmen. Die Raiffeisenbank Nordeifel, die Kreissparkasse und andere Gönner spendeten zur Vereinsgründung, die Mitglieder hatten ihre Beiträge bezahlt.

Und dann hatten 1986 ja „eigentlich alle im Dorf mit angepackt“, erinnert sich der Kassierer an die Dorfsolidarität für den neuen Mittelpunkt für Familienfeiern, die Vereine, später auch die kleine Veranstaltungsreihe „Kultur em Dörp“. Mehrere tausend ehrenamtliche Arbeitsstunden auf der Baustelle kamen zusammen.

Fein säuberlich in der Handschrift des gelernten Lehrers: Die erste Jahresbilanz – hier die Ausgaben – von 1986 von Kassierer Peter Milde.

Mehrere tausend Stunden wurden es dann über 34 Jahre auch für Kassierer Peter Milde bei den  Hausbesuchen. „Im Januar fing ich immer an.“  Der Förderverein hatte die Räume für 400 D-Mark/Euro Monatsmiete für Wasser, Heizung und Strom von der Stadt Mechernich angemietet. Wenn also keine Einnahmen aus der Raumvermietung vorlagen, wer wusste das besser als der Kassierer des Vereins, dann musste die Miete eben auf anderem Wege beschafft werden. „Ich ging los zu den Häusern. Ich kannte ja Jeden im Dorf. Wenn ich meine 400  für die Miete aus den Mitgliedsbeiträgen zusammen hatte, machte ich mal eine Pause. Dann ging es weiter“, schmunzelt Peter Milde.

Mal ein Schnäpschen, mal ein Schwätzchen – aber immer am Ende den Mitgliedsbeitrag kassiert.

Das hätte der Verein anders regeln können. Per Bankeinzug und dann mit Online-Banking. „Aber ich kann mit dem Computer nicht umgehen“, gibt der Kassierer offen zu. Also blieb nur der persönliche Auftritt, was Milde aber auch mal ein Schwätzchen und ein Schnäpschen einbrachte. Eine Stunde habe es schon dauern können, „bis ich wieder raus war“. Und wie vertrauensbildend muss das gewirkt haben: Der Kassierer kommt persönlich vorbei!

Da einige Mitglieder mittlerweile auch in Kall, Iversheim oder Bad Münstereifel leben, ist Peter Milde sogar zu ihnen hingefahren. „Fahrkosten kriegte ich jedenfalls nicht erstattet“, meint er nur. Alles für den Verein! Das nennt man wohl Idealismus.

So hat er es 34 Jahre –unterstützt durch Mit-Kassierer, es waren in den Jahren sechs – immer  gehalten. „An die 50 bis 60 Mitglieder sind mittlerweile ja gestorben“, meint der Mann der Vereinsstatistiken. Neue kamen dazu, aber nicht automatisch Jüngere. Wie bei vielen Vereinen gilt auch beim Förderverein Alte Schule: Altersdurchschnitt Ü 50. Zwei Mitglieder allerdings traten einfach aus, als das Rauchverbot auf den Veranstaltungen in Kraft gesetzt wurde. „Mir sin doch unger uns, warum darf man da nicht rauchen?“ habe Einer mit Unverständnis reagiert, erinnert sich Milde. Einer der Zwei Vereinsflüchtigen kehrte später zurück. Immerhin.

Sein Quittungsblock war der letzte – die Zeit nach Kassierer Milde beginnt mit der Umstellung auf Bankeinzug.

Selbst an solche Details erinnert sich der Vereinskassierer und blickt in seinem Wohnzimmer auf eine stabile Kiste: Darin die Aktenordner eines nebenberuflichen Ehrenamtes. Die Rückenetiketten sind korrekt  beschriftet. Daneben die rote Kasse und das wichtigste Utensil: „mein Quittungsblock!“ Das alles wird Peter Milde jetzt an Monika Dardenne übergeben. Den Quittungsblock, gezückt und ausgefüllt auf vielen tausend Hausbesuchen, darf Peter Milde vermutlich behalten. Das Kassieren der Mitgliedsbeiträge des Fördervereins Alte Schule Bleibuir wird umgestellt. Auf Bankeinzug.