„75 plus 1“ Jahre besteht die Eifel-Film-Bühne in Hillesheim, seit 28 Jahren zudem das einzige Arthouse- und Programmkino der Region. Film ab für diesen besonderen Ort.
„Bald auch wieder mit Kinovorhang!“ Christine Runge freut sich in diesen Wochen eigentlich immer wieder. Nicht nur über das anstehende Festprogramm zum „75 Jahre plus 1“ bestehenden Kino, der „Eifel-Film-Bühne“ in Hillesheim, das statt im vergangenen Jahr in diesem gefeiert wird – daher die „plus 1“. Nein, auch der bald gelieferte und dann vor der Leinwand angebrachte neue Kinovorhang ist für Runge ein Grund zu guter Laune. Früher, auch bei der Eifel-Film-Bühne, gehörte ein Vorhang wie der dreifache Gong vor Beginn des „Hauptfilms“ ja einfach dazu. Das baute beim Publikum im dunklen Kinosaal eine Spannung auf, wie man sie eigentlich nur aus dem Stadttheater kannte.

So wird es also bald wieder. Nostalgiker kommen im Hillesheimer Kino aber schon jetzt auf ihre Kosten: Die 220 Sitzplätze aus Holz im Parkett und in der abgetrennten kleinen Loge sind gepolstert, die Wände mit Stoff bespannt, schon im Eingangsbereich strahlen Original 50er-Jahre Tulpenlampen von der Decke. Das kleine, gelb gestrichene Kassenhäuschen steht ebenfalls schon seit Jahrzehnten am gleichen Platz im Foyer des Anbaus aus dem Jahr 1948. Dessen Zugang erfolgte früher durch das Radio- und Hifi-Geschäft im Vorderhaus.
Und auch die Eintrittspreise erinnern an früher: 7 Euro für den Hauptfilm ohne Überlänge, 6 für das „Kino am Nachmittag“, 5 für „KiK“ – das Kinderkino. Für großstädtische Kinogänger ist das unvorstellbar günstig.

Christine Runge weiß, welchen „Kinoschatz“ sie und ihr Ehemann Günter da in zweiter Familiengeneration hegen und pflegen. Über alle Entwicklungen der Unterhaltungstechnik hinweg. Das war schon in den Anfangsjahren so, als sich das Kino erst gegen das Aufkommen des Fernsehens 1952, dann des Privatfernsehens 1984, dann des Videos, schließlich der Streamingdienste behaupten musste und muss. Immer schlossen Kinos auch in der Eifel, weil sie diese Kämpfe nicht gewinnen konnten. Auch Christine und Günter Runge mussten den Kinostandort Hillesheim behaupten. Bis in die jüngste Vergangenheit. „2018 war für alle Kinos, auch für uns, ein schlechtes Jahr. Bei dem Rekordsommer waren die Leute draußen, statt im Kino“, so die Cineastin.

Christine Runge führt hinauf zum Projektionsraum. Heute sind Filmrollen im Vorführraum nur noch romantische Requisiten. Zum Glück sind auch die Probleme vor 28 Jahren Vergangenheit. 1991 waren die Zuschauerzahlen auf 6000 im Jahr gesunken. Was tun? Runges investierten in neue Technik, Bestuhlung, eine neue Leinwand – und das Konzept eines „Programmkinos in der Provinz – kein Provinzkino“. Da ist Christine Runge energisch.
2011 dann der nächste Schritt: Die Umstellung auf Digitaltechnik. Hätte die Eifel-Film-Bühne dafür nicht Mittel aus der Filmförderung erhalten, das 75-jährige Bestehen wäre vermutlich nicht erreicht worden. Und auch nicht ohne die vielen Preise, die das Hillesheimer Kino für ein ausgezeichnetes Programm seit vielen Jahren vom Land Rheinland-Pfalz und der Staatsministerin für Kultur und Medien erhält.
„Wenn die Kinder im Kino lachen, ist das für mich ein ganz besonderes Erlebnis!“
Heute programmiert Christine Runge über die Software das Tagesprogramm, wo früher Filmrollen eingelegt werden mussten. Und sie disponiert: 13 Vorstellungen sind es pro Woche. Ein ambitioniertes Kurzfilmprogramm, das Nachmittags- und Kinderprogramm, Dokumentarfilme gehören dazu. Oft sind in Hillesheim Filme im Programm, die es erst wieder in Programmkinos in Köln, Aachen oder Trier zu sehen gibt. Und Mainstream-Action-Streifen überlässt Christine Runge gerne Anderen.
„Gehen Sie einmal mit einem Kind ins Kino!“ empfiehlt die Cineastin. „Kinder haben diese unverstellte Neugier. Sie lachen einfach, wenn sie etwas lustig finden. Manchmal der ganze Kinosaal zugleich. Das ist für mich immer eines der schönsten Erlebnisse in unserem Kino.“ Und sie rät ihrem „Lieben Publikum“ im monatlichen Programm-Leporello seit Jahrzenten zum Schluss ihres kleinen Film-Vorstelltextes: „Bleiben Sie neugierig!“

Das, was sie auf dem Faltzettel anbietet, hat sie oft zuvor auf der Leipziger Filmkunstmesse oder der Berlinale gesichtet und dann meist nach ihrem Bauchgefühl ausgewählt. Und was ist ein guter Film für ihre vielen treuen Fans aus einem Umkreis von über 50 Kilometern, seit vielen Jahren je zur Hälfte aus der rheinland-pfälzischen und der nordrhein-westfälischen Eifel? Nach mehr als 4000 gezeigten Filmen seit 1991 muss Runge nicht lange überlegen: „Zum Beispiel gut gemachte Komödien wie ‚Toni Erdmann‘, oder Dokumentarfilme zur Landwirtschaft. Filme, die nahe an der Lebenswirklichkeit unserer Zuschauer sind, laufen oft gut.“

Und wie geht es weiter? „Meine Schwiegermutter Maria hat noch mit Mitte 80 im Kassenhäuschen gestanden“, schmunzelt die 65-jährige Schwiegertochter, „da müssen wir uns also noch nicht allzu große Gedanken machen.“ Vielleicht wird es eines Tages ja eines der Kinder sein, die das Familienunternehmen weiter führt. Bis dahin gilt: „Wir zeigen den Film auch für Einen! Hoffentlich passiert das nicht zu oft. Aber das ist so und das bleibt auch so!“

INFO
Die ursprünglich „Eifel Lichtspieltheater“ genannte Eifel-Film-Bühne in Hillesheim wurde 1943 mit der ersten Vorstellung im Saal der ehemaligen Gaststätte Michels eröffnet. Hans Runge hatte 1942 die Zulassung als Vorführer vom Regierungspräsidenten in Köln erhalten. Die Leidenschaft fürs Kino teilte er mit seiner Ehefrau Maria.
Ein schon 1928 eröffnetes Radiofachgeschäft sicherte die Finanzierung des Kinobetriebs. „Radio Runge“ schließt zwar zum Jahresende 2019 – die Eifel Film Bühne aber führt ihren Kinobetrieb weiter! Hinter dem Wohn- und Geschäftshaus an der Aachener Straße wurde 1948 im Anbau das bis heute im Wesentlichen unverändert erhaltene Kino gebaut. Modernisierungen erfolgten 1991, als Christine und Günter Runge das Kino als Programmkino neu gründeten.
Das Filmangebot wurde verändert, Kinder-, Senioren- und Schulkinoangebote kamen dazu. Sonderveranstaltungen wie zum Weltfrauentag, „Kino Vino“, Lesungen wie „Happy Kadaver“ an Fronleichnam, Diskussionsabende und anderes mehr ergänzen seitdem das Programm mit 13 Hauptfilmen pro Woche. Der alte Kinosaal in Hillesheim hat 220 Plätze.