Unkel, Linz und 1200 Höhenmeter

Rheinsteig: Zwei Etappen von Rhöndorf bis Linz. Erste steile Anstiege sind nichts mehr für Spaziergänger. Tolle Ausblicke lohnen die Strapazen.

Diese „Direttissima“ hat es in sich: Kurz hinter dem Waldfriedhof von Rhöndorf geht es im Wald jäh steil nach oben. Es sollen ja nur 100 Meter sein, doch so unvermittelt wie sie beginnen, und so wenig ein Ende der Rampe absehbar ist, macht das doch Eindruck. Typisch für den Rheinsteig, wie sich zeigen wird.

Blick auf Drachenfels, Petersberg (rechts), in der Ferne der Post-Tower in Bonn.

Nach dem eher sanften Vorspiel bis Rhöndorf geht es ab jetzt immer wieder steil hinauf, genauso steil auch bergab. Auf nur leicht gewellten oder – selten genug – ebenen Passagen heißt es in den kommenden Tagen: Kräfte sammeln für das, was unweigerlich folgt. Nebenbei bemerkt: Wanderstöcke sind zu empfehlen!

Eben noch war der Drachenfels zur Linken, die markanteste Landmark des Siebengebirges, jetzt, nach einer guten Stunde, ist er beim Panorama-Ausblick vom Breiberg direkt in der Blickrichtung. Nach rechts, über einen verbindenden Sattel, schließt sich der Petersberg an. Jenseits der flacheren Mitte ist sogar noch einmal in der Ferne der Post-Tower in Bonn zu erkennen.

Zum Breiberg hinauf, das ist einer der lohnenden Abstecher vom Rheinsteig, die es in den Etappen durchs Siebengebirge immer wieder gibt. Etwa auch zum Leyberg, oder zum Himmerich. Auf dem Plateau stand ab 1920, vor dem heutigen aufgelassenen Steinbruch, ein Ferienheim des aus der Arbeiterbewegung 1895 in Wien hervorgegangenen Touristenvereins „Die Naturfreunde“. Es sei 1933 von einer „faschistischen Bande“ ausgeplündert und dann abgerissen worden, heißt es auf einer Informationstafel an den Resten der Hüttenfundamente.

Oberhalb des Hähnerbachtals.

Solche Zusatzmeter lohnen sich auch beim Abstecher zur Ruine der Löwenburg auf 455 Metern über NN. Ein unscheinbarer Granitfelsen neben einer alten Eiche am Aussichtspunkt ist ein „Trigonometrischer Punkt erster Ordnung“, der unter anderem die Hohe Acht, den Michelsberg, oder Montabaur anpeilt. Hohe Acht und die Vulkankuppen der Osteifel sind gut zu sehen.

Das „Auge Gottes“, ein überdachtes Wegekreuz mitten im Wald, ist eine schöne Pausenstation. Bald geht es hinab nach Unkel als Tagesetappenziel, oder je nach Lust und Laune, Fitness, Uhrzeit, und Wetterlage kurzweilige 8,4 Kilometer weiter bis nach Linz.

In Unkel lohnt ein Besuch des „Willy Brandt-Forums“, das allerdings nicht die einstige Wohnadresse des SPD-Kanzlers ist. Brandt lebte von1979 bis zu seinem Tod 1992 in Unkel erst im eigenen Häuschen, dann in einem Appartementhaus mit luxuriösen Eigentumswohnungen am Ortsrand. Man sollte die Gedenkstätte für den SPD-Kanzler besser nicht mit der für den CDU-Kanzler Adenauer in Rhöndorf vergleichen. In Unkel ist alles – vorsichtig ausgedrückt – zusammengeräumt auf wenig Platz, schade.

Der Rhein bei Unkel, im Hintergrund das Siebengebirge.

Wie von Rhöndorf aus geht es auch aus Unkel hinaus eine steile Rampe auf die Höhe, in diesem Fall ist das Ziel die Erpeler Lay oberhalb von Erpel und vis-a-vis von Remagen auf der linken Rheinseite. Die Brückenturmfundamente der Ludendorff-Brücke, eingeweiht 1918, berühmt geworden durch die Verfilmung „Die Brücke von Remagen“, sind noch erhalten, sie stehen unter Denkmalschutz und sind eine europäische Gedenkstätte. Über die einstige Eisenbahnbrücke gelang der US-Armee Anfang März 1945, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, erstmals der Übergang über den Rhein.

Weiter führt der Weg von der Erpeler Lay immer mal wieder an Streuobstwiesen vorbei, die ein Markenzeichen der Wiesen auf den Höhen des Rheintals bis zum Beginn des Oberen Mittelrheins bei Braubach sind.

Doch bis dahin ist es noch ein gutes Stück. Am Ende dieses Tages mit seinen rund 1200 Metern Höhenunterschied ist Linz ein munterer Ausklang. Ein weiteres Rheinstädtchen, in dessen Fachwerk-Altstadt man manchmal das Gefühl hat, es sei die Zeit stehen geblieben, und wo Gassen Namen haben wie „An der Donau“ – da gibt es schließlich auch ein Linz.

Gegenüber, etwas rheinaufwärts, mündet die Ahr in den Rhein. Das Siebengebirge, der erste Test für die Kondition des Rheinsteigwanderers, ist unmerklich überwunden. Bald wird die Route weg vom Fluss und weit ins Hinterland führen.

Titelbild: Blick von der Ruine Löwenburg.
INFO: www.rheinsteig.de