Frauen, die auf dem Land leben, sind auch Landfrauen. So weit, so klar. 20.000 von ihnen sind aber auch in den Regionalgruppen des LandFrauenverbandes Rheinland-Nassau organisiert. Kochen, Backen, Stricken? Da fangen die Missverständnisse schon an.
Marlene Schmitz sitzt im Wohnzimmer mit ungestörtem Blick durch die Terrassenfenster auf die Winterlandschaft bei Rommersheim. Eine Kerze auf dem Tisch brennt gemütlich. Die Eifelidylle interessiert sie jetzt gerade weniger, stattdessen Zahlen: „ Bei den Jüngeren ist es wie überall auch bei uns etwas dünn, aber ab 40 werden es mehr, unsere Älteste ist 92!“
600 Frauen sind es insgesamt, die zum einen wie sie „auf dem Land leben und die Vorzüge des Landlebens genießen“ – und die mitmachen: Bei den seit 62 Jahren bestehenden Prümer Landfrauen, deren Vorsitzende Marlene Schmitz seit acht Jahren ist. Pro Jahr kommen nach ihren Angaben 20 bis 30 neu dazu. Das ist kein Auslaufmodell.

In der ganzen Eifel gibt es Landfrauenverbände, der für den Landkreis Vulkaneifel hat aktuell um die 2000 Mitglieder. Schmitz, mit ihrem Vorstand für die organsierten Frauen in 43 Dörfern und der Stadt Prüm zuständig, steht mit dem Ehrenamt aber nicht allein. 20.000 Frauen sind im übergeordneten LandFrauenverband Rheinland-Nassau organisiert, der 18 Kreis- und Bezirksverbände im nördlichen Rheinland-Pfalz mit Westerwald, Hunsrück und Eifel hat. In der nordrhein-westfälischen Eifel ist es nicht anders.
Die 55-Jährige ist jedenfalls – wenn man so will – geradezu idealtypisch für eine Landfrauen-Biografie: Bis 1994 hatte ihr Ehemann einen landwirtschaftlichen Betrieb im Vollerwerb, bis 2002 noch als Nebenberuf. Doch dann kam der Tag, den sie nicht vergisst. Weil die Weideflächen mitten im Dorf lagen und nicht vergrößert werden konnten, gab es keine Möglichkeit den Milchviehbestand aufzustocken, damit er rentabel bleibt. 45 Kühe wurden eines Morgens von den Tiertransportern abgeholt. Und dann war der Stall für immer leer. „Das tat in der Seele weh!“, meint Marlene Schmitz. Strukturwandel in der Eifel: Wachsen, umsatteln können oder aufgeben. Das gilt für viele Bauernhöfe.
Dass sie seit ihrer Jugend überzeugte Landfrau ist, hat daran nichts geändert. Über ihre Schwiegermutter kam Marlene Schmitz 1993 dazu, weil ihr das Kursangebot und das Freizeitprogramm einfach gut gefielen. Jahrzehnte später haben es ihr die beiden Töchter gleich getan.
Bis in die 1990er Jahre sei es im Verband ja vor allem um die „Ländliche Erwachsenenbildung“ (Leb) gegangen, fasst Schmitz zusammen. Dienstleister, ebenso auch die Kreisvolkshochschulen, bieten in Kursen an, was nötig ist. Das Bildungsangebot in der Leb etwa umfasst Betriebsführungen in Landwirtschaft, Weinbau und Gartenbau, Hauswirtschaft, Verbraucherfragen, gesundes Leben und Persönlichkeitsbildung bis hin zu Politik, Studienreisen und Medienbildung.

Diese Inhalte sind heute so wichtig wie frühe. Lebenspraktische Allgemeinbildung ist ja überall eher auf dem Rückzug. Da haben die Landfrauenverbände eine solide, traditionsreiche Kompetenz. Und Kochbücher mit traditionellen Rezepten wurden schon längst veröffentlicht. Band 2 ist noch erhältlich, der erste ist vergriffen. Die Nachfrage sei da, meint Marlene Schmitz, trotz Internetangeboten.
Das Selbstverständnis auch des Prümer Landfrauenverbandes ist allerdings nicht nur der Erhalt der Tradition, wie mit der Veröffentlichung bewährter Kochrezepte. Der Blick auf die Lebenswirklichkeit der Mitgliederinnen ist mindestens genauso wichtig: Etwa mit der „I-Pad-Party“ oder Schulungen im Umgang mit Social Media. Das mag für jüngere Frauen kein Problem sein – aber die Älteren sollen nicht zurückgelassen werden. „Trittsicherheit im Alter“ ist wiederum ein Angebot, das gezielt die höheren Jahrgänge unter den Landfrauen anspricht. Oft genug kommen die Vorschläge, „wovon man gerne mehr wissen will“, so Schmitz, ja aus den Reihen der Frauen selbst.
„Wir wollen grundsätzlich das Selbstbewusstsein von Frauen fördern“, betont die Vorsitzende. Die Frauen sollen sich nicht nur kennenlernen können und Netzwerke aufbauen. Das ist im Dorf ohnehin normal. Es geht aber ja nicht nur ums eigene Dorf, das Teil des Ganzen ist.
Gudrun Breuer aus Winringen, mit dem Bauernhof ihrer Familie Mitglied im Höfe-Netz „Lernort Bauernhof“ in Rheinland-Pfalz, ist als Mitglied der Prümer Landfrauen auch Vizepräsidentin des Land Frauenverbandes Rheinland-Nassau.
Mathilde Weinandy, 68, ist seit 15 Jahren Bürgermeisterin von Prüm, sie tritt bei den Kommunalwahlen in diesem Jahr erneut an. Seit acht Jahren ist sie zudem Vorsitzende des Hauptvereins des Eifelvereins – und seit Jahrzehnten überzeugte organisierte Landfrau: Sie war zehn Jahre Vorsitzende und 24 Jahre Geschäftsführerin des Prümer Verbandes. „Das gibt mir ganz viel“ ist Weinandy überzeugt. Als sie vom Heimatort Dreis nach Prüm zog, wurde ihr so die Integration denkbar leicht gemacht: „Eine wunderbare Gemeinschaft, die ich nicht missen möchte!“

Weinandy und die Prümer Landfrauen – und bei weitem nicht nur sie – beziehen selbstverständlich Position, wenn es um Interessen der Menschen auf dem Land geht. Die Schließung der letzten Geburtshilfestation im Umkreis, am Maria-Hilf-Krankenhaus in Daun, ist so ein Thema. Was tun? Wie einen Hebammen-Dienst organisieren, wenn die Alternative für Schwangere erst die Krankenhäuser in Bitburg, Trier oder Mechernich sind?
Bei all dem dürfe man den Spaß und die Geselligkeit bei den Landfrauen bitte nicht vergessen, meint Marlene Schmitz in Rommersheim. Studien- und Tagesfahrten, Wanderungen, der diesjährige Landfrauentag in Prüm am 29. März – alles zu finden auf der Webseite des Verbandes. „Leinen los – Tipps für die Textilkunde“, steht da etwa. „Männer sind da auch willkommen“, grinst die Vorsitzende, die es wissen muss. „Doch, das geht! Keine Sorge“.