Eifelschreibers Weihnachtsgeschichte: Manchmal glaubt man bestimmte Dinge nicht. Zum Beispiel, dass Rom in der Eifel liegt. Also auf in den „ewigen Weiler“.
„Dir sei vergeben!“ Damit habe es ja angefangen, so soll es gewesen sein. Als der mit dem Büßerkreuz beladene Pilger sich mühsam aus dem Kylltal auf die Anhöhe in 585 Metern Höhe geschleppt hatte. Und dort oben den Jesusknaben an der Hand der Muttergottes auf Spaziergang aus der Pfarrkirche im einen Kilometer entfernten Dörfchen Salm mitten in der Eifelpampa vor ihm stand. Oder war es eine Halluzination? Jedenfalls habe der Gottessohn dem reuigen Sünder – er hatte einen Mann erschlagen – auf seinem Bußgang den Rest des Weges erlassen. Der ließ sich dankbar am Platze nieder, baute eine Hütte und nannte die Stelle des wundersamen Erlebnisses: Rom. Rom (Eifel) – ohne „La Dolce Vita“ und Trevi-Brunnen.
14 statt 2,8 Millionen Einwohner – aber 20 Pferde und 14 Katzen
Heidi Back (Rom 8) ist „Römerin“ und das seit 50 Jahren. „Wir hatten gerade Goldene Hochzeit!“ freut sie sich, und ist sich sicher: „Von den Römern war noch keiner in Rom.“ Denn Rom (Eifel) hat nicht 2,8 Millionen Einwohner, sondern 14. Dazu aber überproportionale 20 Pferde und ein gutes Dutzend Katzen. Die 14 Mitrömer und Mitrömerinnen zählt Heidi schnell aus dem Kopf auf. Und das Angebot einer Städtepartnerschaft von denen unweit des Salmbaches an die am Tiber sei bislang auch nicht in Betracht gezogen worden. Aber der Fußball – Völker verbindend! Sagen wir es rund heraus: Der Altersdurchschnitt der Römer oberhalb von Birresborn liegt bei Mitte 40, eine „Erste“ kriegt man mittelfristig leider überhaupt nicht zusammen, so war es wohl schon immer.

Jedenfalls wurde der Hof von Bauer Back 1965 am Rande Roms gegründet. Daneben stehen gerade eine Handvoll Häuser. Es gab ein gutes Dutzend, doch knapp die Hälfte wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört: „Die Alliierten vermuteten hier eine Abhörstation der Wehrmacht“, so Heidi Back. So ist Rom heute noch einmal um einiges kleiner als es schon immer war.
Rom, früher auch „Romerhof“ genannt, ist vermutlich dann doch auf ein ehemaliges Försterhaus der Abtei Prüm zurückzuführen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde es 1313 unter dem Namen „Royme“. Hartard, Herr zu Schönecken, hatte damals seinem Burgmann Ludwig von Tholey gestattet, das verpfändete Dorf von dem Ritter Reinhard von Studernheim einzulösen. Die Zugehörigkeit Roms wechselte mehrfach im Laufe der folgenden Jahrhunderte. Der oberhalb entspringende Salmbach wurde als Grenze gezogen: Drüben der Landkreis Daun, hüben der Altkreis Prüm. Bis zur Gebietsreform Mitte der 1970er Jahre.
20 Minuten bis Rom – die Wette gilt
Heute liegt Rom im Landkreis Vulkaneifel und gehört zur Gemeinde Birresborn in der Verbandsgemeinde Gerolstein. Von Birresborn führen hier hinauf nicht alle Wege, aber eine buckelige enge Kreisstraße durch den Wald. 1936 wurde Rom ans Stromnetz angeschlossen, 1959 gab es erstmals eine Wasserleitung. Bis dahin nutzten die Römer einen Brunnen oberhalb im Wald.
„Rom sehen – und sterben!“ Das bekommt hier, wo früher im Winter Meter hoch der Schnee liegen konnte, was mittlerweile nicht mehr so häufig vorkommt, eine ganz neue Bedeutung. Wenn man schnell genug hinguckt, bevor man am Weiler schon wieder vorbei gefahren ist. Vor vielen Jahren habe er mal eine Kiste Bier gewonnen, weil er behauptet habe, dass er in 20 Minuten nach Rom fahren könne, heißt es von Josef Back, Heidis Schwiegervater. Ach Rom.
„Wir hatten eine Frau, die wollte zu uns zur Sattelprobe kommen. Das wäre aber kompliziert, den Sattel erst ins Flugzeug zu verladen, meine sie“, lacht Lisa Niederprüm (Rom 6). Zusammen mit ihrer Schwester Jana betreibt sie ein Angebot für „Therapeutisches Reiten“ und die Hundeschule „Ready To Run“ am Rand des Weilers. . Die „Rising Sun Ranch“ ist unmittelbar am ältesten noch erhaltenen Gebäude von Rom, das keinen Triumphbogen hat und auch keinen Petersdom. Nein, sie müsse ja nicht erst nach Italien, sondern nur in die Eifel kommen, habe sie der Kundin gesagt, so Lisa Niederprüm.
„Weidemilch aus Rom“ – leider nicht mehr machbar
Wo so vieles an eindeutig Zweideutigem bleibt, haben die Zeitläufe auch im „ewigen Weiler“ anderes nicht unverändert gelassen. Backs haben vor drei Jahren die Viehwirtschaft „aus gesundheitlichen Gründen“, wie Heidi Back betont, eingestellt. Aus und vorbei mit der schönen Marketingidee von der „Weidemilch aus Rom“. Und so will man gerade, ernüchtert von der Macht des Faktischen, Rom wieder den Rücken kehren, da ruft die Römerin zum Abschied hinterher: „In Rom soll mal Einer gewohnt haben, der hieß Papst“. Keine weiteren Fragen mehr.
Titelbild: Rom, Eifel.

