Die Meisterschneiderin

Angelika Hirschler entwirft und schneidert Mode. Sie präsentiert sie in Mailand, oder in Berlin. Made in Schalkenmehren! Denn vor zwei Jahren ist sie in ihre Vulkaneifel-Heimat zurück gekehrt. Ein bisschen vielleicht auch aus sentimentalen Gründen.

In der Sonne auf der Bank sitzen. Das kann entspannend sein – oder der Anfang einer Geschäftsidee. Letzteres dürfte vor zwei Jahren entscheidend gewesen sein, als Angelika Hirschler sich fragte: Wo eröffne ich mein neues Atelier? Die Antwort ging die 48-Jährige damals – wie es ihre Art ist – strategisch an: „Meine Kunden kommen aus Koblenz oder Trier, und die Vulkaneifel ist Naherholungsgebiet für den Großraum Köln-Bonn. Viele machen hier Urlaub. Je städtischer ihre Umgebung ist, umso eher geht die Rechnung auf.“

Hinter dieser „Rechnung“ stand eine Überlegung, die sich als richtig erweisen sollte: Was wäre, wenn eine Kundin, die sich ein ausgefallenes Brautkleid oder eins fürs festliche Abendevent maßschneidern lassen möchte, genau hier, in Urlaubsstimmung, sie, Angelika Hirschler, ausgebildete Damen- und Herrenschneidermeisterin, finden würde? Nicht nur in ihrem Onlineshop, dem Filialgeschäft in Koblenz und dem „Fitting Point“ in Berlin?

Überraschung im Eifeldorf: Angelika Hirschlers Atelier in Schalkenmehren. Die Standortwahl ist kein Zufall.

Also hat sie auf der Bank „Probe gesessen“. Erst in Daun, woher sie stammt, und in Schalkenmehren. Wo sind besonders viele potentielle Vertreter ihrer Zielgruppe unterwegs? Genau hier, mitten in der Vulkaneifel, direkt an einem der drei bundesweit bekannten drei „Augen der Eifel“, in Schalkenmehren, ist zwischen Ostern und Oktober einfach viel los. Und es gibt mit dem Landgasthof Michels eine ebenso bekannte hervorragende Adresse fürs Dinieren oder Übernachten.

Angelika Hirschler, die in ihrer Familie „weit und breit die Einzige ist, die sich selbstständig gemacht hat“, entschied sich. Gegen ein Atelier in Berlin oder Hamburg. Und für einen leer stehenden Ausstellungsraum der Schalkenmehrener Schreinerei  Münch. Statt meisterlich geschreinerter Möbel, meisterlich geschneiderte Abend-, Cocktail- oder Hochzeitsmode: „Angelika Hirschler – Tailor Made“ steht an der Fassade.

Wenn sie etwa von der Mailänder Fashion Week zurück kommt, ist für Angelika Hirschler klar: „Die Eifel erdet mich.“

Also zurück in die Eifel, aus der sie stammt. Die „erdet mich“, meint die Meisterin ihres Faches. Wenn sie mal wieder von den Fashion Weeks in Mailand oder in Berlin, von bundesweiten Präsentationen bei Geschäftskunden, die ihre Belegschaft entsprechend der „Corporate Identity“ von ihr einkleiden lassen wollen, oder von Fernsehaufnahmen zurückkehrt. Wenn sie dann etwa in ihrem Atelier Maß nimmt für das Brautkleid ihrer Privatkundinnen.

Das Bodenständige, führt Hirschler den Gedanken weiter, habe sie aber vor allem ihrer Erziehung zu verdanken. „Wenn Sie mich fragen, was ich aus der Eifel mitgenommen habe, dann ist es aus meinem Elternhaus in Daun die Wertschätzung des Handwerks. Meinen Eltern war wichtig, dass ich nicht Modedesign studiere, sondern das Schneiderhandwerk lerne.“

Kleider für den festlichen Anlass – dafür ist Angelika Hirschler bekannt.

Denn der Berufswunsch war Angelika Hirschler ja schon seit ihrer Jugend klar. „Ich habe mir meine Mode selbst geschneidert.“ An der Nähmaschine, auch mal nach den Mustern aus „Burda“. Eine Autodidaktin, die ihre Begeisterung fürs sorgfältige, exakte Schneidern, und die Lust am genauen, feinen Detail erfolgreich zum Beruf gemacht hat.

Davor standen Gesellenjahre in Mayen bei einem Karnevalsausstatter, in Köln und in Trier beim Modehaus Marx. In Trier machte sie sich auch – die Vorbereitungen auf die Meisterprüfung standen noch an – mit 26 Jahren erst als Subunternehmerin des Modehändlers Sinn & Leffers, aber mit eigener Änderungsschneiderei, dann 1996 mit ihrem ersten eigenen Atelier selbstständig. „Das tapfere Schneiderlein“ bestand 20 Jahre. Warum sie dann aus Trier weg ging? „Ich wollte unabhängig bleiben, meine eigenen Ideen umsetzen – klein, fein, meins. Und die Miete wurde auch einfach zu hoch“.

Seit zwei Jahren ist sie nun in Schalkenmehren, wo sie in ihrem zweiten Atelier die Prototypen für ihre Kollektionen herstellt und in Einzelanfertigung die Braut- und Abendmode. „Das ist die Spitze der Modenahrungskette“, grinst Hirschler. Von hier aus designed und schneidert sie sich jetzt praktisch „zurück“: „Im vergangenen Jahr war mein T-Shirt, aus T-Shirt-Stoff und Chiffon, der Verkaufshit.“ Sie kann aber auch anders: In Mailand zeigte sie auf dem Domplatz ein illuminiertes Abendkleid aus Organza  mit verarbeiteten Fiberglasfäden, oder ein Modell mit eingearbeiteten Marmorpartikeln.

Ihr Anspruch lautet: „In einer oberflächlichen Branche will ich nicht oberflächlich sein.“

„Manchmal braucht man nur einige hochwertige Details, damit ein Kleid etwas ganz Besonderes wird“, meint die Meisterschneiderin. Sie weiß, wie viel Arbeit hinter einem Unikat aus ihrem Atelier steckt – und sie weiß auch, dass die Haifisch-Branche Modeindustrie eigentlich anders tickt. Doch das ist ihr gleich: „In einer Branche, die es mit Oberflächlichkeit zu tun hat, will ich nicht oberflächlich sein!“ Nur was diesem Anspruch gerecht wird, kommt am Ende in ihre neuen Kollektionen direkt aus dem Atelier, oder wird zur Herstellung an zwei ausgewählte Schneidereien frei gegeben.

Gegenüber der Pfarrkirche von Schalkenmehren können so überraschend Modeträume wahr werden. Wer beim Staunen über die Modelle in den großen Schaufenstern ins Grübeln kommt, der findet an der Hausecke eine Bank. Die steht, je nach Tageszeit, mitten in der Sonne. Das kann noch nützlich sein.

INFO: Mode von Angelika Hirschler gibt es am 7. April im Forum Daun zu sehen.