…weil ja Weihnachten ist, eine kleine Geschichte von Eifelschreiber – erstmals erscheinen in EIFEL hautnah – das Buch 2021.
Wir wünschen allen Eifelfreunden frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr 2026:
Und jetzt nach Hammerhütte, mehr oder weniger auf der Landesgrenze zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, ein Ortsteil von Baasem in der Gemeinde Dahlem im Kreis Euskirchen.
Das, was es jetzt zu erzählen gibt, hat der Heimatforscher Hubert Pitzen aus Stadtkyll aufgeschrieben: Wie der legendäre Schmied Peter Joseph Werner aus Hammerhütte einst den Soldaten der Revolutionstruppen Napoleons entkam.
An einem Oktoberabend im Jahr 1795 war das, und Werner, auf dem Heimweg nach einer langen Arbeitswoche in Blumenthal, hatte zuerst Pech gehabt. Im Wald bei Wolfert war er, obwohl ein Hüne, von den französischen Truppen gefangen genommen worden. Die hatten ihn entdeckt, als er sich in stockdunkler Nacht zu nahe an ihr Lagerfeuer herangeschlichen hatte. Dort harrten die Soldaten eher unschlüssig aus. Sie hatten sich schlicht verlaufen.
Da kam der offenbar ortskundige Schmied auf dem Heimweg gerade recht. Er sollte den Trupp nach Marmagen führen. Dort lagerten österreichische Soldaten. Marmagen war Ende des 18. Jahrhunderts eine Exklave des Habsburgerreiches. Die Soldaten Napoleons wollten sie überfallen und vertreiben.

Was dann geschah? Josef Reuter steht in seinem Wohnzimmer im Hammerhütte auf und geht zur großen Wanduhr. Ein Biedermeierschmuckstück. Er öffnet den Uhrenkasten, greift hinein – und zieht vorsichtig einen alten Säbel heraus. Die Klinge ist zwar angerostet, aber ganz unscharf ist sie nicht. Reuter weiß, wie die Waffe in das kuriose Versteck gekommen ist.
In jener Nacht im Oktober 1795 hatte sich Peter Joseph Werner in seiner Not eine List überlegt. Er wollte die österreichischen Truppen jedenfalls nicht gegenüber den französischen Besatzern verraten. Also sagte er zu, die Soldaten zu führen. Doch die merkten in den folgenden Stunden, dass der Mondstand sich änderte: Mal schien er von rechts, dann wieder von links. Sie wurden im Kreis geführt.
Es habe dann zu einer Erschießung Werners kommen sollen, so Josef Reuter. Und Historiker Hubert Pitzen ergänzt, was überliefert ist: „Zwei Soldaten führten Werner gefesselt in den Wald. Doch der versetzte sie in ein heftiges Streitgespräch, in dessen Folge es ihm gelungen sein soll, seine Fesseln zu lösen.“ Und dann habe der große starke Mann sich die ihm körperlich deutlich Unterlegenen gepackt und so heftig mit ihren Köpfen aneinandergeschlagen, bis sie bewusstlos wurden.
Peter Joseph Werner gelang die Flucht. Einen Säbel eines seiner Bewacher nahm er mit. Er habe ihn zunächst für eine Zeit im Heu versteckt, bis die Franzosen wieder aus der Eifel abgezogen waren, heißt es. „Dann kam der Säbel zu meinem Urgroßvater, und mein Großvater versteckte ihn hier in der Uhr, als die Familie 1904 das Haus gekauft hatte und aus dem alten Wohnhaus weiter unterhalb hierhin umzog“, so Josef Reuter.

Die Geschichte vom alten Säbel gibt er immer mal wieder zum Besten und dass die Hiebwaffe selbst bei den Durchsuchungen des Hauses durch die alliierten Soldaten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs unentdeckt blieb. Wer sucht auch schon im Uhrenkasten?
Bis 1850 war die Eisenhütte, die dem Weiler den Namen gab, noch in Betrieb. Sie produzierte, so Historiker Pitzen, 1836 noch etwa 7000 Zentner Roheisen im Wert von 16.800 Talern und stellte im Hammerwerk Stabeisen im Wert von 2800 Talern her. Ein gutes Einkommen für die „immer fünf Familien, oft waren sie kinderreich, die hier in drei Wohnhäusern gelebt haben“, so Josef Reuter.
1850 wurde der Hüttenbetrieb aufgegeben und an das Wohnhaus des Hüttenbetreibers, dem Haus Werner, in dem heute Reuters wohnen, eine Schnapsbrennerei angebaut. Sie bestand bis 1924.
„Es hieß dann: Pro Tag ein Liter Schnaps für die Männer von Hammerhütte“, grinst Josef Reuter. Und dass keiner der Männer „älter als 50 Jahre geworden ist“. Sein Opa jedenfalls sei damals wohl „der einzige Mann auf der Hütte gewesen, der nicht zum Alkoholiker wurde.“
Heute ist von der einstigen Mühle nur das eigentliche Mühlgebäude geblieben, genauer ein Aufbau von 1803 auf Fundamenten, die wesentlich älter sind, vielleicht noch aus dem 16. Jahrhundert. Aus dieser Zeit datiert die erste urkundliche Erwähnung einer Hütte an der Mündung des Kerschenbachs in die Kyll.
Geblieben ist im Reuterschen Wohnhaus der „Griff in die Geschichte“: Denn zückt Josef Reuter den Säbel aus dem Uhrenkasten, dann ist schnell die Begebenheit jener Nacht im Oktober 1795 wieder wach gerufen, als der Schmied von Hammerhütte, als Peter Joseph Werner die Franzosen foppte und ihnen einen Säbel stahl.
Titelbild: Hammerhütte. Der Beitrag erschien erstmals in EIFEL hautnah – das Buch 2021

