Wenige Wochen im September 1944 lebte der amerikanische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway in Buchet in der Schneifel. Heute erinnert an seinen Aufenthalt – er war Kriegsberichterstatter im Zweiten Weltkrieg – nur eine Gedenktafel und ein Rundwanderweg.
Wer nach Ernest Hemingway in Buchet in der Schneifel sucht, findet: fast nichts. Im September 1944 war der Schriftsteller – „Der alte Mann und das Meer“, „Fiesta“, „Schnee am Kilimandscharo“ – mit den US-amerikanischen Truppen am „D-Day“, dem 6. Juni 1944, an der Küste der Normandie angelandet. Sein Auftrag: Kriegsberichterstattung unter anderem für die Magazine „Collier’s“, „Life“ oder auch den „Toronto Star“. Er begleitete den Vormarsch der 4. US-Armee Richtung deutsch-belgischer Grenze, und bezog vermutlich Anfang September in Buchet die Räume der zuvor beschlagnahmten damaligen Dorfwirtschaft. In die Schneifel, danach in die luxemburgische Schweiz und nach Luxemburg sollte er – mit Zwischenaufenthalten in Paris – bis Ende 1944 immer wieder zurückkehren.

In der Jennebach 5 heißt Hemingways Adresse in Buchet heute, das „Haus Frammes“: Ein heruntergekommen wirkendes kleines Gebäude, an dem vermutlich neben dem Mauerwerk nur der Sandsteintürsturz noch Original so sind, wie es Hemingway vorfand. Im rechten Flügel des Erdgeschosses war 1944 die Dorfkneipe, gegenüber die Küche, im ersten Obergeschoss die privaten Räumen der Wirtsfamilie. Direkt angeschlossen, später erweitert, Stall und Scheune eines kleinen landwirtschaftlichen Betriebes.

Am Ortsrand von Buchet, „ungeschützt zwischen den beiden Flanken der 4. Division“, so Hemingway, residierte der Schriftsteller in Gefechtspausen. „Schloss Hemingstein“ nannte er ironisch die bescheidene Unterkunft, in der er immer wieder Gäste empfing – etwa den berühmten Kriegsfotografen Robert Capa. Wo er sich aber auch mit einer Truppe von ihm geführter illegaler Freischärler versteckte. Seine Wochen in Buchet verbrachte er bis auf einen einmaligen Granatenbeschuss des Gebäudes vergleichsweise ruhig. Er habe in der Regel schlicht „gesoffen“ heißt es in den wenigen Quellen, die die Buchet-Wochen des Schriftstellers beschreiben.
Immer zwei Feldflaschen mit Alkohol, eine gefüllt mit Cognac, die andere mit Schnaps, habe er bei sich getragen, so Charles Whiting in seinem Buch „Ernest Hemingway und der Krieg im Westen 1944/45“ (Helios Verlag, Aachen). Wie er sich gegenüber der Bucheter Dorfbevölkerung verhielt? „Zeitzeugen gibt es nicht mehr“, so Manfred Kleis, von 1979 bis 2004 Bürgermeister des Ortes. Der Schriftsteller habe sich aber als der Macho aufgeführt, als der er bekannt war, erinnert sich Kleis an Aussagen verstorbener Bucheter Zeitzeugen. Dass es zu Übergriffen auf Frauen in Buchet oder Bleialf kam, wo Hemingway regelmäßig im zur Feldküche des US-Militärs umfunktionierten „Hotel Zwicker“ das Mittagessen einnahm, ist allerdings nie nachgewiesen worden. Buchet selbst taucht bei Hemingway nur am Rande auf. Etwa in einer seiner „49 Depeschen“, deren deutsche Übersetzung im Rowohlt Verlag erschienen ist.

Die Ortsgemeinde Buchet ließ 1994 – dem 50. Gedenkjahr des „D-Days“ – eine Gedenkplatte am Anwesen In der Jennebach anbringen und finanzierte mit öffentlichen Zuschüssen die Markierung eines „Ernest Hemingway Wanderwegs“ auf vorhandenen Strecken des Eifelvereins. Begeisterungsstürme habe beides nicht gerade im Dorf ausgelöst, so Kleis. Wacken wurden aufgestellt, markiert mit stilisierten „E H“, den Initialen des Schriftstellers. Die 1000 Exemplare des begleitenden Flyers zum Rundkurs sind längst vergriffen.

Danach und seitdem habe es noch einmal seinerseits eine Nachfrage im Gemeinderat gegeben, so Kleis, was sein Amtsnachfolger Alois Fußmann bestätigt: „Wollen wir nicht mehr aus dem Aufenthalt Hemingways in Buchet machen?“, habe er gefragt, so Kleis, „doch es kam keine Resonanz“. Allenfalls Unerwünschte. Nach der Berichterstattung zur Einweihung von Gedenktafel und Wanderweg erhielt Kleis „eine ganze Reihe anonymer Leserbriefe“, in denen sogar behauptet wurde, Hemingway habe gegen die Wehrmacht gekämpft und einen Soldaten erschossen. Beides wurde nie nachgewiesen.
Die Hausbesitzerin führte „Schloss Hemingstein“ nach Kriegsende noch eine Zeit lang als Dorfkneipe.
Heute ist „Ernest Hemingway in Buchet“ vor Ort eine längst vergessene Episode. „Schloss Hemingstein“ gehört Appolonia Fuchs aus Buchet, und die hat zu dem Thema keine Meinung. Mit ihrem verstorbenen Ehemann führte sie in dem Gebäude nach dem Krieg und bis 1970 die alte Gastwirtschaft weiter. Mitte der 1970er Jahre baute das Ehepaar nebenan neu, die Kneipe wurde geschlossen, das Gebäude ist seitdem als Dauerferienwohnung vermietet. Und ohne Heizung. Heizkörper und Heizungstherme wurden nur im neuen Wohnhaus nebenan eingebaut.
Zudem ist das Dach von „Schloss Hemingstein“ – über Jahrzehnte nur geflickt – erneuerungsbedürftig. „Aber dicht“, so Appolonia Fuchs. Innen drin ist die alte Raumaufteilung geblieben, aber sonst? Da wäre genug zu tun für einen Investor, der das „Hemingway Haus“ etwa als Kultur- und Literaturhaus erst noch gründlich sanieren und vermutlich umbauen müsste. Doch solche Interessenten an der Immobilie gibt es keine.

Dabei könnte die gemeinnützige „Heinrich Böll-Stiftung“, Träger des ehemaligen Eifel-Wohnhauses des Kölner Schriftstellers als Vorbild dienen. Träume? Vermutlich. Denn schon eine kleine Dauerausstellung „Hemingway und Buchet“ wäre schwierig zusammenzustellen. Manfred Kleis: „Es wurde nichts an Exponaten gesammelt oder aufgehoben“. Lediglich ein altes Foto sei wohl auffindbar. Es zeigt Hemingway auf einem Stuhl vor seinem „Schloss“ sitzend, wie ihm gerade der berühmte „Hemingway-Bart“ gestutzt wird.