Vor zwei Jahren traf er den damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Am 23. Mai, 2016, dem „Verfassungstag“, war er mit 749 Amtskollegen ins Schloss Bellevue eingeladen. Er, Richard Meyer, Bürgermeister von Oberlauch. Wenn so viel Anerkennung fürs Ehrenamt doch immer wäre.
Im „Rathaus“ hängt Kunst. Was seine vier Enkel gerade ihrem Opa zum Geburtstag gemalt haben – der Bürgermeister hat es an die Wand seines Dienstbüros im Keller gepinnt. Und sonst? Zwei Rechnermonitore, ein bequemer Ledersessel, jede Menge Akten – und auf dem Tisch der „Dorf Check“. Das solle man am besten mit einem Arbeitskreis abarbeiten, meinte die Kreisverwaltung zu Richard Meyer. Er ist ja schließlich der Bürgermeister. Von Oberlauch, 63 Einwohner. Einer von 45 ehrenamtlichen Verwaltungschefs in der Verbandsgemeinde Prüm. Der Arbeitskreis „Dorf-Projekt“ – auch das muss der Gemeinderat machen: „Wir sind doch so klein“, sagt der Bürgermeister.
Der Arbeitskreis, das werde dann wohl der Gemeinderat sein, sinniert Meyer: „Wir sind doch so klein.“ Sechs Räte, praktisch „aus jedem Haus Einer“ sind verpflichtet. Man trifft sich alle zwei, drei Monate nach einem „Vorgespräch“. Andernorts nennt man das Ausschuss-Arbeit. „Was zu klären ist, wird besprochen“, so Meyer. Seit 2004 hält der parteilose Bürgermeister von Oberlauch das so. Zuvor war Meyer 50 Jahre beim Katasteramt in Prüm, zehn Jahre ehrenamtlicher Beigeordneter der Verbandsgemeinde, zwanzig Jahre Ratsmitglied in Oberlauch.

Eine Aufwandsentschädigung, die ihm die Ortsgemeinde jeden Monat für „an die sechs Stunden Arbeit die Woche“ bezahlt, bekommt er seit 13 Jahren für die vereidigte Freiwilligkeit. Das Geld, eher eine monetäre Anerkennung, wird ihm zum Glück nicht von der Rente abgezogen. Meyers Salär liegt unterhalb der Freigrenze. „Einige, die drüber liegen würden, lassen sich deshalb schon gar nicht erst zum Bürgermeisterkandidaten aufstellen“, so Meyer.
Er schon, nicht wegen der 300 Euro, sondern weil er ein Ziel verfolgt: „Ich wollte für Oberlauch was bewegen“. Die Zeit dafür hat er ja: Der 68-Jährige ist Hobby-Ahnenforscher, Bezirkswegewart im Eifelverein, hält sich noch ein paar Schafe und Hühner auf dem vormaligen Bauernhof – da passte die Verantwortung für die Allgemeinheit gut.
Macht ihm das Spaß? Diese Art Orts-Hausmeister, wenn er die Gemeindeanlagen wie Bankette, Hecken, Spielplatz oder „Muttergottes-Grotte“ pflegen lassen muss. Wenn er darauf achten muss, dass die Straßenlampen leuchten, die Straßen schneefrei sind und kein Kanal verstopft ist? „Ja nun, von selbst geht nichts. Man ärgert sich, man freut sich – ich freue mich eher mehr“, fasst Meyer nach kurzen Nachdenken zusammen.
Bürgermeister im kleinen Oberlauch. Da ist das Politische immer auch das Private und umgekehrt. „Die Polizei fragt mich natürlich, wenn was auffällig geworden ist“, so Meyer. Und er muss auch „einstecken“ können. 2011 hatten er und der Gemeinderat vier neue Bauplätze im Ort ausgewiesen. „Wir wollen doch kein Rollator-Dorf werden“, so Meyer mit Blick auf 20 Prozent seiner 63 Einwohner, die Ü-80 sind. Junge Familien sollen zuziehen können! Vor zwei Jahren versuchten Meyer und der Gemeinderat die Wiederholung: Noch einmal vier Bauplätze in Oberlauch. Sie scheiterten kurz vor dem Ziel. Genaueres? „Man muss auch schweigen können“, so der Bürgermeister vielsagend. Man kennt sich doch.“Oberlauch ist schuldenfrei“ – Da sind die Blumen für die Jubilare immer drin.
Doch es gibt ja noch andere Erfolge: Der Wanderparkplatz oberhalb von Oberlauch, ein Spielplatz für die Kleinen. Jetzt hofft der gebürtige Weinsheimer, der nach Oberlauch geheiratet hat, dass mit der geplanten neuen Fernleitung der KNE, die Trasse soll auch Oberlauch passieren, „es auch schnelles Internet geben wird“. Ihm reiche ja für den Dienst-PC die aktuelle Verbindung, aber „die jungen Leute machen Druck: Wann kommen die 50 Megabyte?“
Würde er es noch mal tun? „Nein“, die zweite Wiederwahl war seine letzte: „2019 ist Schluss. Ich werde dann 70!“ Dann wird er das Dienstsiegel seines Ortes in andere Hände geben – so sich ein Kandidat fürs Ehrenamt findet, was in den vielen kleinen Orten der Region nicht mehr selbstverständlich ist. Bis 2019 darf er neben dem Stempeln mit dem Wappen von Rheinland-Pfalz, auch noch Blümchen und Geschenke zu den Jubilaren bringen. „Das Geld haben wir. Oberlauch ist schuldenfrei“, grinst Meyer. Demnach geht das mit den Blümchen natürlich auch. Er wäre aber ohnehin zum Gratulieren gekommen. Man kennt sich ja.